Csornay Boldizsár - Hubai Péter szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 96. (Budapest, 2002)

THOMAS SCHÄFER: Römisches Relief mit Tensa

Als (fiktiver) Stammvater der gens Iulia wurde nicht nur die Sonderstellung dieses Geschlechts nachdrücklich betont, Aeneas wurde zugleich auch zum direkten Ahnherrn des Augustus und legitimierte so dessen aktuelle Vorherrschaft. 28 Weitere Verweise von Aeneas und Romulus auf Augustus ergaben sich aus den elogia (-Inschriften) ihrer Statuen auf dem Augustusforum: 29 Aeneas und Romulus waren von göttlicher Abstammung, beide hatten eine Stadt gegründet, beide waren am Ende selbst zu Göttern geworden. All dies nahm auch Augustus für sich in Anspruch ­oder war für ihn zu erwarten. Zugleich illustrierten die Skulpturen die Ecktugenden des Augustus: 30 Während die Gruppe mit Aeneas, Anchises und Ascanius zum Sinnbild für pietas wurde, ließ sich die Statue des triumphierenden Romulus als Ausdruck von virtus verstehen. Die zentrale Bedeutung von Aeneas und Romulus für Augustus liegt also in ihrer unmittelbaren Aktualisierung im Dienste der Selbststilisierung und der Herrschafts­konzeption des Kaisers. So erstaunt es nicht, dass die gleichen Gruppen, die auf dem Augustusforum standen, auch als Eckakrotere des von Caligula 37 n. Chr. eingeweihten Tempels des Divus Augustus auf dem Forum Romanum Verwendung fanden. 31 Kehren wir zu unserem Relief zurück. Die Wiedergabe von Aeneas und Romu­lus auf dem Götterwagen lässt nur den Schluss zu, dass hier die tensa des Divus Augustus gemeint ist. Dafür spricht nicht zuletzt die Eichenlaubgirlande hinter Aeneas. Es ist durchaus möglich, dass die reale tensa des Divus Augustus in ähnlicher Weise dekoriert war; dabei wäre freilich zu vermuten, dass Aeneas und die lavinische Sau als Pendant zu Romulus die andere Langseite geschmückt haben, 32 während auf der Frontseite eine Girlande oder ein Kranz aus Eichenlaub zu sehen war. Die beiden Togati hinter dem Wagen sind nicht näher zu bestimmende Begleitpersonen; Lorbeerkränze und Lorbeerzweige sind für sakrale Umzüge geläufige Attribute. Wegen ihrer Nähe zur tensa könnte man die Spielgeber oder auch ein Konsulpaar vermuten, 33 doch stehen einer solchen Benennung die einfachen calcei entgegen. 34 Es bleibt zu überlegen, welche Bedeutung die Darstellung der tensa des Divus Augustus auf unserem Relief hat. Zweifellos wurde dieser Wagen bei allen pompae circenses mitgeführt, nachdem der Kaiser auf Senatsbeschluss am 17. September 14 n. Chr. zum Divus erhoben worden war. Das muss jedoch keineswegs bedeuten, dass unser Relief eine derartige Prozession tatsächlich wiedergibt: die tensa dürfte vielmehr 28 Spannagel 192f. 29 Spannagel 193 ff. 30 Spannagel 201 f. 31 Vgl. etwa BMCEmpire I 153 Nr. 41-43 Taf. 28; Böschung, D., Die Bildnisse des Caligula (Das römische Herrscherbild 1,4) Berlin 1989, 18f. 94f. Taf. C 5; Spannagel 87, 367f. Taf. 3, 1-2 mit der gesamten Dokumentation. 32 Darauf hat bereits Spannagel 370 hingewiesen. 33 Magistrate in der Nähe von tensae: Liv. 5, 41, 2; Tert. de cor. 13, 1. 34 Die hier wiedergegebenen gamaschenartigen, ungeschnürten Stiefel entsprechen den calcei équestres, die von allen römischen Bürgern einschließlich der Angehörigen des Ritterstandes getragen wurden, vgl. Goette, H. R., Jdl 103 (1988) 459ff. Für Konsuln wären dagegen calcei senatorii mit einfacher Riemenknotung vorauszusetzen: ebd.. 457f.

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