Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)
Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.
zeitig auch in Siena, Umbrien, Ferrara, Bologna, Venedig, Nord- und Süditalien bemerkbar gemacht.00 In der Entwicklung der bisher geschilderten Pietà-Gruppe konnte man im allgemeinen beobachten, dass in der Verbindung der beiden Gestalten abstrakte Linien möglichst vermieden wurden, und man den Zusammenprall der wagrechten Linie des toten Christuskörpers mit der senkrechten der sitzenden Madonna tunlichst zu dämpfen versuchte. Man könnte fast sagen, dass die Lösungen sich aus der realistischen Veranschaulichung des Körpergewichtes und der Körperhaltung ergeben, hinter denen die 200 Wir wollen von den Pietà-Kompositionen, die ausserhalb des Gebietes von Florenz liegen, nur einige charakteristische Stücke erwähnen, um ihre Verbreitung und die Bestrebungen der einzelnen Gegenden anzudeuten. Bezüglich der umbrischen PietaGemälde verweisen wir auf Anmerkung 187. Von den übrigen Malerschulen möchten wir folgende anführen: die Pietà-Komposition des Altarbildes aus der Schule Sassettas im New-Yorker Metropolitan Museum (Marie op. cit. IX. The Hague, 1927. p. 369.); das Pietà-Bild Ercole da Ferraras, Liverpool, Museum (Venturi op. cit. VII/3. Milano, 1914. p. 690); das Altarbild von Michèle di Matteo, Bologna, Galleria (Marie op. cit. VII. The Hague, 1926. p. 227.); das Pietà-Bild in S. Pietro d'Orzio, das Cima da Conegliano zugeschrieben wird; Carpaccios Gemälde in der Londoner Sammlung Agnew. (L'Arte, 1934 p. 241.) Von den Reliefs erwähnen wir: das Relief im Pariser Musée Jacquemart André, das Francesco di Giorgio zugeschrieben wird (Rassegna d'Arte, 1914. p. 210.); Relief in Reggio Emilia, Palazzo Rangoni. (Rassegna d'Arte, 1909. p. 150.); die Reliefs in den Kirchen S. Lio und S. Andrea della Certosa in Venedig (Paoletti, P.: L'architettura e la scultura del Rinascimento a Venezia. I. Venezia, 1893. p. 146, II. Tav. 72) und die Paxtafel in S. Rocco (L'Arte, 1898. p. 167); das Relief G. Mineiiis im Londoner Victoria and Albert Museum (Körte op. cit. S. 85.); das KonsolRelief in der Certosa von Pavia (Beltrami, L.: La Certosa di Pavia. Milano, 1895. p. 50). Von den Statuen zählen wir folgende auf: die verlorenen Pietà-Statuen Lorenzo Vecchiettas (Preuss. Jahrbuch. 1909. Beiheft. S. 71, 73. — Vgl. noch Valentiner, W. R.: Catalogue of an exhibition of Italian Gothic and early renaissance sculptures. The Detroit-Institute of arts. 1938. No. 74. PietàRelief dem Vecchietta zugeschrieben); die Pietà-Statue aus der Umgebung von Cremona, in Frankfurt, Städtische Galerie; die Statue, die man Niccolo dell' Area zuschreibt, in der Engelsburg zu Rom (Körte op. cit. S. 82, 83); die Beweinung Christi von Tommaso Rodari aus 1498 im Dom zu Como (Rassegna d'Arte, 1905. p. 173.) und die Statue Antonello Gaginis, Palermo, Chiesa della Magione (L'Arte, 1909. p. 138). Konstruktion — von feinen Ubergängen gedämpft — nur versteckt zur Wirkung kommt. Die Lösungen bestreben stets eine Ausgeglichenheit und eine möglichst geschlossene Komposition. Dies erklärt auch, weshalb die italienische Skulptur sich verhältnismässig erst spät mit diesem Thema befasste, obgleich es in oer Malerei ein schon lange bekanntes und beliebtes Motiv war. Die Skulptur machte es sich erst dann wirklich zu eigen, als sie in ihrer Entwicklung zur geschlossenen, ausgeglichenen Gruppenbildung 201 gelangt war. Den Weg bis dorthin ebneten die Gemälde und die Reliefs. Auf Grund der obigen Erörterung könnten wir diese Pietà-Gruppe, die in Italien am meisten verbreitet war und auch in der Entwicklung zur grössten Bedeutung gelangte, den realistischen Typus nennen. Dessen Entfaltung führt ja zu Michelangelos grossartigem Werk und weiterhin auch zur Pietà-Statue unseres Museums. Ausser dieser Haupt-Pietàgruppe kann man noch mehrere Typen oder Variationen unterscheiden. Jedenfalls ist es auffallend, dass die horizontalen oder die treppenförmigen Typen, die in der deutschen Kunst so häufig vorkommen, hier nur vereinzelt auftauchen. Die letztere Gruppe 202 hat sich in 201 Körte (op. cit. S. 13.) findet die Ursache für die verhältnismässige Seltenheit der italienischen Pietà-Statuen darin, dass der italienische Geist zurückschreckte, gequälte Körper darzustellen. Tatsächlich haben die Italiener diese Szenen möglichst vermieden. Diese Auffassung hat jedoch keineswegs das Verbreiten der Pietà verhindert — wir kennen ja zahlreiche Gemälde und Bilder bereits seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts, — sondern es verursachte bloss ein Abweichen von der deutschen Art, indem man grauenerregende Züge vermied und mildere Lösungen suchte. Viel wesentlicher ist die zweite Ursache, die Körte erwähnt (op. cit. S. 15—16.), wonach es dem italienischen statischen Sinn nicht entsprach, dass „der schwere Körper eines erwachsenen Mannes auf den zarten Knien einer Frau, ja seiner Mutter ruhen sollte". Wir meinen, auch dieser statische Sinn der Italiener hat sich nicht gegen das Thema selbst gewendet — da ja auch das italienische religiöse Gefühl die Pietà verlangte und liebte, wie dies zahllose Gemälde und Bilder beweisen, — er forderte bloss bei der Lösung der Aufgabe geschlossene, ausgeglichene Kompositionen die allerdings erst auf einer gewissen Entwicklungsstufe, am Ende des 15. Jahrhunderts, erreicht werden konnten. 202 Treppenförmige Pietà-Kompositionen: Zeichnungen von Filippino Lippi, Florenz, Sammlung Loeser (Marie op. cit. XII. p. 363.); Perugino: Pietà. Spello, S. Maria Maggiore (Bombe, W.: Perugino. Stuttgart—Berlin,