Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)

Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.

und die Timpanon-Figuren 11 (1340—1347) am Tore des neuen Domes (Abb. 9.) zeigen eine ähnliche Auffassung und ähnliche Typen. Die breiten, grossen Flächen der Gesichter und das aufs Diadem gewundene, bis zu den Schultern herabfallende Haar 13 charakteri­sieren so die Figuren Giovanni di Agos­tinos, wie auch unser Relief. Wenn auch unser Relief, dessen flache Modellierung von den Werken Giovanni di Agostinos ab­weicht, nicht von dem Meister selbst stam­men kann, so gehört es doch sicher zu sei­nem Kreise, zu der spezifisch lokalen Richtung der sienesischen Skulptur, die von pisanischen Einflüssen weniger berührt wurde und der Malerei nahe stand. Wir kön­nen die Entstehung unseres Stückes auf die 50-, 60-er Jahre des 14. Jahrhunderts setzen. In dieser Periode, wie es die Zeichnungen" (Marienkrönung auf einer Skizze zur Stirn­wand des Battistero, die Engelsgruppen auf dem Entwurf der Cappella della Piazza) be­weisen, beschäftigten die Engelskompositio­nen die Phantasie der sienesischen Bildhauer ständig. Es ist nicht ausgeschlossen, dass un­ser Relief zu dem Skulpturenschmuck ge­hörte, der für die Cappella della Piazza oder für den neuen Dom bestimmt war. Durch die Berichtigung der Datierung können wir der hölzernen Madonnenstatue (Abb. 12—14.) unseres Museums eine grössere Bedeutung geben. Im letzten Katalog war sie als Werk eines umbrischen Künstlers aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts an­geführt. 14 Ihr strenger Aufbau, die folgerich­tige Faltengebung, die Detailformen und Modellierung weisen indessen auf das 14. " Keller, H.: Die Bauplastik des Sieneser Doms. — Kunstgeschichtliches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana. Bd. I. 1937. S. 196." Abb. 124. Über Giovanni di Agostino ist vor kurzem ein neuer Aufsatz erschienen: Cohn Goerke, W.: Giovanni di Agostino. The Burlington Magazine. 1939. p. 180—194. 12 An diese Richtung knüpfen sich auch die Engelstatuen der Porta del Corporale des Domes von Orvieto. 13 Beide Zeichnungen sind im Museo dell" Opera del Duomo von Siena. Die erste stammt aus der Mitte des 14. Jahrhun­derts, die zweite aus den sechziger Jahren. (Keller op. cit. S. 202, 207. Abb. 128, 133.). 14 Inventar: Schule von Arezzo, 15. Jahrh.; Lajstrom (Verzeichnis), 1896. S. 9. (aretini­sche Schule, 14. Jahrh.); Fabriczy, C. von: Kritisches Verzeichnis toskanischer Holz­und Tonstatuen. Jahrbuch der preuss. Kunst­sammlungen. 1909. Beiheft. S. 26. No. II. 67. (florentinische Arbeit, Anfang des 15. Jahrhunderts); Schubring: Katalog der Bildwerke. No. 53. (Meister aus der Gegend der Marche, um 1400); Schubring: Ital. Re­Jahrhundert hin. Der Typus der Statue, das Motiv des stehenden Bambino schliesst sich der Madonna von Loreto 15 (Abb. 16.) an, 1 * von der wir aus dem 13—15. Jahrhundert mehrere Nachahmungen kennen. 17 (Abb. 15, 17.) Die unsere übertrifft jedoch alle, was Komposition und Ausdruck anbelangt. Der konsequente, senkrechte Aufbau, den der Künstler durch die kerzengerade, aufrechte Gestalt der Madonna und den stehenden, in ein langes Gewand gehüllten Bambino be­tont und in dessen Dienst er auch das System des keilförmig ansteigenden und senkrecht niederfallenden Faltenwurfes gesetzt hat, ver­leiht unserer Statue ein besonders feierliches Gepräge. Der Gegensatz zwischen dem ernsten Madonnengesicht und dem rundlichen, voll­wangigen, lächelnden Bambinokopf erhöht noch die tief innerliche Stimmung. Es lebt die Gefühlstiefe und grosszügige Einfachheit des Trecento darin. Der Zusammenhang mit dem Madonnentypus von Loreto versetzt unsere Statue in die Gegend der Marche. Um ihren Entstehungsort näher zu bestimmen, müssen wir wieder die Malerei zu Hilfe rufen. Be­sonders in den Werken des Meisters von Fabriano, Allegretto Nuzi, finden wir ähn­liche Züge und Einzelheiten. Den Gegensatz zwischen dem glatten, faltenlosen Kleid, das eng an den Oberkörper anliegt, und dem Faltenwurf des hinaufgezogenen Mantels am Unterkörper, findet man auf mehreren Ge­stalten Nuzis, so auf der Heiligen seines Ber­liner Bildes (Abb. 18.). Der Madonnenkopf desselben Gemäldes steht dem Kopftypus un­serer Figur ebenfalls sehr nahe. Den Bruder des Bambino können wir auf Nuzis Fresko in der Kathedrale von Fabriano (Abb. 19.) erblicken. Auch der Sternenschmuck des schönen, alt bemalten Kleides und Mantels findet sich auf Nuzis Gestalten 18 wieder. Ja, wir sehen das rotgestreifte Mantelfutter der Madonna fast haargenau auf Nuzis Tripti­naissanceplastik. S. 100. (umbrische Schule, um 1430); Meiler op. cit. No. 40. (umbrischer Meister, Anfang des 15. Jahrhunderts); Balogh: Die alten Bildwerke. S. 198. (Meister von Fabriano, Ende des 14. Jahrhunderts). 15 Colasanti, A.: Loreto. Bergamo, 1910. p. 119—120. (Italia Artistica. No. 54.) 16 Notiz von Gabriel von Térey in dem handschriftlichen Kataloge Schubrings. (Kat. der Bildwerke. No. 53.). 17 Zwei Exemplare befinden sich in der Casagrande dei Serristori zu Figline, das eine aus dem 13., das andere aus dem 15. Jahrhundert. (Abb. 15, 17.) — Eine Madonna, ebenfalls zum Loretanischen Typus gehörend ist in der Sammlung von R. Bedő zu Buda­pest. 18 Marie op. cit. V. The Hague, 1925. p. 141, 145, 151, 153, 166.

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