Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 8. 1935-1936 (Budapest, 1937)

Dionys Csánky: Tafelmalerei von Szepeshely (Zipser Kapitel) im XV.—XVI. Jahrh

stände, Mobiliar und liturgische Ausstat­tung in alle Winde zerstreut. Die Denk­mäler der Goldschmiedekunst, soweit sie vor der Einschmelzung und vor der Überführung nach Wien verschont geblieben waren, wei­terhin kunstgewerbliche Stücke : Messge­wänder und Altardecken sind auf diese Art in die verschiedensten privaten und öffentlichen Sammlungen des In- und Aus­landes gelangt. Obwohl wir trotz der häufig nachweis­baren Verschleuderung oder sonstigen Ver­kommens der Flügelaltäre und deren Reste, der allerbezeichnendsten Denkmäler unserer gotischen Malerei und Plastik, verhältnis­mässig selten über einzelne in ausländische Museen gelangte Stücke Kenntnis gewinnen, wird die ungarische kunsthistorische For­schung mit ihrem allfälligen Auftauchen doch noch immer zu rechnen haben. Die Denkmäler der grossen europäischen Stile, des italienischen, des niederländischen und des deutschen, hatten sich ja auch bis zu einem gewissen Grade auf die Sammlungen und Museen der Welt verteilt, aber diese Streulage erschwert ihre wissenschaftliche Erforschung nicht im selben Masse, wie bei unsern Denkmälern. In erster Reihe fehlt, im Gegensatz zu den in geschlossenen Grup­pen erhaltenen, Jahrhunderte hindurch regist­rierten und wissenschaftlich bearbeiteten Denkmälern der grossen europäischen Stile, ein völligsicherer Anhalts- und Ausgangspunkt für die Bestimmung und Würdigung unserer Denkmäler, nämlich das durch Herkunft und Nachgeschichte bestimmbare Verhaftetsein mit bestimmten Orten und Landschaften. So bedeutet ihre Verstreuung - schon der mit ver­schiedenen europäischen Einflüssen durchsetz­ten, eklektischen Art der Denkmäler wegen — für die wissenschaftliche Forschung einen un­ersetzlichen Verlust, der umso grösser erscheint, als das endgültige Stilgepräge der einzelnen Schulen, Werkstätten, schon gar bestimmter Künstlerpersönlichkeiten noch lange nicht widerspruchslos festzu­legen ist. Das Fehlen des Herkunftsortes fällt besonders in jenen Fällen bedauerlich in die Waagschale, wo die aufgetauchten Denkmäler nur durch dünne historische Fäden mit der ungarischen Kulturgemein­schaft verbunden sind, und ihr Stil mit un­seren bisherigen Anschauungen über die altungarische Kunst nicht in allen Belangen übereinstimmt. In günstigerer Lage befindet sich die Forschung bei jenen Denkmälern, deren Formensprache, Werkstattüberliefe­rungen und Schulzusammenhänge bekannt sind und deren Lokalisierung innerhalb der altungarischen Kunstentwicklung ohne grössere Schwankungen möglich ist, beson­ders wenn die urkundlich festgestellten oder sonstwie erschliessbaren Daten dieser Zeit- und Ortsbestimmung nicht wider­sprechen. Das Schlesische Museum der Bildenden Künste zu Breslau bewahrt zwei, auf beiden Seiten bemalte Tafeln eines zugrunde gegan­genen Altars. Die eine Tafel stellt auf der Innenseite die Verkündigung, (Abb. 69.) auf der Rückseite das beschädigte Bild der Met­tercia dar (Abb. 71.), die andere Tafel die Anbetung der Könige (Abb. 70.) bezw. das ebenfalls beschädigte Bild der heiligen Elisabeth von Ungarn. 1 (Abb. 72.) Im letzten und bereits eingezogenen Katalog 2 des Museums ist ohne Angabe der Herkunft und weiterer Daten das Folgende zu lesen: »Schlesischer Meister vom Ende des 15. Jahrhunderts. 880 und 881. Zwei Tafeln mit Szenen aus dem Marienleben.« Im Laufe der letzten Umordnung des Museums haben die Tafeln die folgenden neuen Beschriftun­gen erhalten : »Deutsche Schule. 15. Jahr­hundert. Eigentum des Schlesischen Mu­seums für Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau.« Die verallgemeinernde Bezeich­nung »Deutsche Schule« weist ebenfalls darauf hin, dass die Leiter des Museums beide Tafeln wohl aus dem Bestand der schlesischen Malerei jener Zeit ausgeschieden haben, sie aber einer bestimmten anderen deutschen Schule zuzuschreiben nicht in der Lage waren. Die oben beschriebenen Tafeln, deren nähere Herkunft unbekannt ist und die daher auch in der deutschen Fachliteratur noch nicht behandelt worden sind, können bei ihrer eindeutig auf Szepeshely hinwei­senden charakteristischen Formensprache nur aus dem Insgesamt der altungarischen Tafelmalerei verstanden werden. Die Ikono­graphie, die altniederländisch anmutende, auf deutsche Vorbilder zurückgehende Kom­position, die helle lebendige Farbengebung, die Zeichnung der Kopftypen und der Hände, die Elemente und die bunte Rhythmik der Landschaftsmalerei verraten unleugbar die Stilmerkmale der Altäre von Szepeshely aus dem XV—XVI. Jahrhundert. Wir möchten nun hier zum erstenmal den Versuch machen, diesen in sich völlig 1 Die Masse ohne den ursprünglichen Rah­men betragen 120x71 cm. 2 Katalog der Gemälde u. Skulpturen. VI. Auflage. Schlesisches Museum der bil­denden Künste. Breslau MCMXXVI. S. 85—86.

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