Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)

SIGRID HOEDEL-HOENES: Afrikanisches Gedankengut im Mundöffnungsritual

wandelten sich die Tränen des Sonnengottes Re, als sie zur Erde fielen, zu Bienen. Daneben ist die Biene bei der Schöpfung tätig. In der Königstitulatur ist bjt Synonym für den unterägyptischen Herrscher. Die Beziehung dieses Tieres zu diesem Landesteil spiegelt auch der Name eines Tempels in Sais wieder, der "Haus der Biene" genannt wurde und Verehrungsstätte einer Son­derform des Osiris war. 39 Von diesen Bedeutungen der Biene her ist ihr Vorkom­men in diesem Kontext gut erklärbar. Andere Insekten hingegen spielen eine untergeordnete Rolle, mit Ausnahme des religiös bedeutenden Skarabäus, der oben bereits erwähnten Mantis bzw. Heuschrecke und der Fliege. 40 Die Nennung des Schattens im Mundöffnungsritual lOi könnte bedeuten, daß auch er eine Erscheinungsform des Toten bzw. des Vaters oder der exter­nal soul darstellt. Der Schatten ist hier als belebendes Prinzip aufzufassen. Schatten und Ba treten sehr häufig gemeinsam auf, eine Unterscheidung ihres Wesens ist oft unmöglich. Sie können als Verkörperung der Lebenskräfte aufgefaßt werden. 4 ' Diese Seelenvorstellung hat gewiß die external soul in sich. Soll nicht mit der Traumdeutung oder Traumerzählung magisch eine Fik­tion bewahrheitet werden? Tatsache ist, daß hier Vorstellungen geschildert werden, die aus alten Zeiten noch in den historischen Epochen weiterleben. Zusammenfassend darf vermutet werden, daß der Sew-Priester die Seele des Toten in der Sphäre des Schlafes trifft, die ja Beziehung zu der des Todes hat und daß bei dem Statuenritual auch an die Herstellung der Statue eines Toten gedacht werden muß. Der Tod stellt den einschneidendsten Übergang für den Menschen dar. Von der Geburt bis zum Hinscheiden begleiten ihn Riten und Gebräuche und so liegt es nahe, diesen wichtigen Moment des Übergangs zum zweiten ewigen Leben durch Übergangsriten zu ermöglichen. Eberhard Otto hat sicher zu Recht formuliert: "... wurzelt unser Text in einer Zeit, die vor der Auswahl und Formung religiöser Möglichkeiten zur histo­rischen Einmaligkeit liegt, und in einer Schicht, die unter jener im unlite­rarischen und ungeschichtlichen Untergrund weiterexistiert haben mag." 42 Dieser Untergrund hat seine Wurzeln wahrscheinlich im Schamanentum, das eine Seele im Krankheits- oder Todesfall zurückholen kann. 43 Das Hilfsmittel " J. Lcclant, Biene, LA I, Kol. 786-788. J " L. Stork, Insekten, LÀ III, Kol. 164. G. Van de Leeuw, Phänomenologie der Religion, Tübingen 1956 ; , S. 271. 41 George, a.a.O. (Anm. 10), S. 87ff. 4: Otto, a.a.O. (Anm. 1). S. 58. " M. Eliade, Shamanism, Archaic Techniques of Ecstasy, New York 1964, S. 215-258.

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