Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)

SIGRID HOEDEL-HOENES: Afrikanisches Gedankengut im Mundöffnungsritual

dafür ist der Traum, denn er ist der Dialog des Menschen mit Gott. Ohne diesen Dialog gäbe es keine Religion. "So wie echte Religion nur ein Dialog zwischen dem menschlichen Ich und dem göttlichen Du sein kann, so kann auch die echte übernatürliche Mystik nur der offenbarende Anruf des großen Mysteriums Gottes an sein menschliches Geschöpf sein." 44 Zu diesem Mys­terium zählt auch der Traum, besonders in den alten und ursprünglichen Kul­turen. Man lebte im magischen und mythischen Zeitalter nicht innerhalb dieser Welten, befand sich nicht wie heute außerhalb, so daß der Satz "Die Traum­welt ist für den Afrikaner real und erheischt daher dieselbe Beachtung wie die tägliche Umwelt" 45 unbedingt auch für die alten Hochkulturen Gültigkeit hat. Bei etlichen, sog. "Primitiven" geht z.B. die Berufung zu einem Schamanen oder Medizinmann über Träume. In der Vorstellung der Aborigines Australiens erscheinen dem zukünftigen Schamanen in Träumen die Geister, die ihm freund­lich gesinnt sind und der eine oder andere bietet sich sogar als Hilfsgeist an. Die Seele ist bei dieser Einweisung oft abwesend. Der Körper liegt schlafend. Nie­mand wagt den Schläfer zu wecken, auch wenn er tagelang schläft, denn seine Seele begibt sich in dieser Zeit zu der Wasserstelle, aus der sie ursprünglich kam. Der sog. Ungud-Teil, etwa "die Urkraft", begibt sich nach dem Tode zu seinem ursprünglichen Entstehungsort zurück und wartet auf eine neue Menschwerdung. Nach einer Version spricht sie, wenn sie zurückkommt: "Mein Vater, komm mit mir, tauche mit mir in das tiefe Wasser, ich habe da etwas gesehen." "Die Traum­bilder, die einen Umwandlungsprozeß im Unbewußten dieser Menschen aus­lösen, sind aber so eindringlich, daß sie nicht mehr als Träume empfunden wer­den, sondern als reale Vorgänge der Außenwelt." Erst nach eindringlichem Fra­gen wird der Unterschied zwischen Seele und Körper gemacht. 46 Die eigentlichen Vorbereitungen des Schamanen zu seinem Amt können durch einen im Traum erscheinenden Lehrer gemacht werden. Nach der "Einwohnung des Geistes" widmet sich der Novize der Ausführung von dessen Anweisungen. 47 Frappant 44 M. Hermanns, Schamanen-Pseudoschamanen, Erlöser und Hedsbringer. Eine vergleichende Studie religiöser Urphänomene. Teil 1 Schamanen, Wiesbaden 1970, S. 169. 43 E. Dammann, Die Religionen Afrikas. Religionen der Menschheit, Band 6, Stuttgart 1963, S. 75. 46 A. Lommel, Fortschritt ins Nichts. Die Modernisierung der Primitiven Australiens. Beschreibung und Définition eines psychischen Verfalls, Zürich-Freiburg/Br. 1969, S. 156-157. Lommel konstatiert auch Parallelen zu den Beruftingsträu­men sibirischer Schamanen. 4 " A. Lommel. Schamanen und Medizinmänner, München 1980, S. 56f.

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