Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
PETER HUBAI: Unbekannte koptische Apokryphe aus Nubien (Vorläufiger Bericht)
aufgeschlagener koptischer Kodex auf, auf dessen linken Seite sich ein Kreuz und dessen rechten Seite ein eingerahmter Text, bestehend aus elf kurzen Zeilen, befand, der sich freilich auf den folgenden, nicht sichtbaren Seiten des Kodex fortsetzte. Von der Art dieses unveröffentlichten Kodex hatte ich natürlich keine Kenntnis. Ich konnte mich nur auf eine englischsprachige Information für die Besucher stützen, derzufolge der Kodex ein "Gebetbuch" war. Indem ich mich näher darüber beugte und die länglichen koptischen Buchstaben entzifferte, konnte ich der ersten Seite (Abb. 1) folgendes entnehmen: Nach der Lektüre des Aufsatzes von Kurt Rudolph, Der gnostische „Dialog" als literarisches Genus, in: P. Nagel (Hrsg.), Probleme der koptischen Literatur, Halle 1968, S. 85-107 erhob sich die Frage, ob diese Erotapokriseis-Literatur vor der Himmelfahrt eine Eigenart der Gnosis ist. Die Offenbarungen der Pistis Sophia teilt Jesus 11 Jahre nach seiner Auferstehung, vor der Himmelfahrt mit. Der Einleitung von Sophia Jesu Christi (P. Berol. 8502) zufolge gibt Jesus nach der Auferstehung den Zwölfen und sieben Frauen Sonderoffenbarungen. Auch die Epistula Jacobi Apokrypha (NHC 1,2) weiß davon, daß Jesus am 550. Tag nach der Auferstehung in den Himmel gefahren ist und davor seinen Jüngern gelehrt hat. Aus der Erzählung des Thomas-Buches (NHC 11,7 138,21-23) wissen wir, daß „Thomas aber sprach zu dem Herrn: Deswegen also bitte ich dich, daß du mir noch vor deiner Himmelfahrt sagst, wonach ich dich frage!" (Übers, v. H.-M. Schenke) und der Herr teilte in langen Reden seine Geheimnisse mit. Dem Brief des Petrus an Philippus (NHC VIII,2) zufolge rief Petrus die Apostel auf dem Ölberg zusammen, wo sie zu Christus, dem Sohn des Lebens beteten. Nachdem der in einer Thcophanie erscheinende Jesus Christus eine Offenbarung mitgeteilt hatte, wurde er unter Donner in den Himmel aufgehoben. Bekannt sind auch ähnliche Schriften, welche zwar die Merkmale der erwähnten Schriften aufweisen, jedoch nicht als gnostisch zu betrachten sind wie etwa Carl Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern nach der Auferstehung. Ein katholisch-apostolisches Sendschreiben des 2. Jahrhunderts, TU Dritte Reihe 13, Leipzig 1919. Ebenfals nicht gnostisch ist die äthiopische (mit der von Nag Hammadi nicht identische) Petrus-Apokalypse. Nur aus deren letzten Kapitel wird deutlich, daß die Offenbarung, welche Jesus auf dem Ölberg seinen Jüngern mitteilte, unmittelbar geschah, bevor er gemeinsam mit Mose und Elia durch den offenen Himmel in den zweiten Himmel aufgehoben wurde. Cairo, the Coptic Museum and Old Churches, Cairo 1993, S. 90. ... „Wort unseres Erlösers und unseres Herrn Jesus, dem Christus, (welches) er verkündigte seinen herrlichen Heiligen, den Aposteln, bevor er (in die Himmel) aufgenommen wurde..'' - Der Sinn der letzten Worte war nicht mehr zu erkennen. Dieser Anfang jedoch wies weniger auf ein Gebetbuch, als vielmehr auf die Einleitung eines gnostischen Evangeliums hin, da Sonderoffenbarungen des Auferstandenen vor der Himmelfahrt in diesen Kreisen beliebt waren. 2 Leider konnte ich aber die Handschrift nicht näher kennenlernen. Einige Jahre später veröffentlichte Gawdat Gabra einen Museumsführer 3 mit den schönsten Gegenständen des Koptischen Museums, welcher auch das "Book of prayers" mit der Inventarnummer 6566 kurz erwähnt und neben einigen wertvollen Daten auch ein Photo von den ersten beiden Seiten des aufgeschlagenen Kodex bringt. Schon allein wegen des Umfanges des Museumsführers konnte er den Kodex