Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)

MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst

Bereiche der königlichen und privaten Rundplastik und Flachkunst, und in der angewandten Kunst beherrscht es die neuartigen, luxuriösen Toilettengeräte und Weihgaben, die reich mit Bildern hathorischer Thematik geschmückt sind. Wenn wir die königliche Gestalt in ganzer Figur anschauen, wie sie in der früheren 18. Dynastie zum Beispiel an den Sitzstatuen der Hatschepsut im Metropolitan Museum (29.3.2 und 27.3.163)" und an der Schieferstatue Thut­mosis' IIL mit Weisser Krone (Kairo CG 400) 82 erscheint, so ist ein über­raschend neuer Typus festzustellen. Die Figuren sind schlank, feingliedrig und langbeinig, die Taille ist eingezogen. Die Muskulatur wird nur mehr durch sanfte Erhebungen angedeutet. Zugleich gewinnen Umrisse und Modellierung eine sensible Lockerheit oder Weichheit, wie sie nie dagewesen war in der ägyptischen Kunst, und die der Oberfläche eine neue sinnliche Qualität ver­leiht. Ähnliches gilt für die Reliefs der Roten Kapelle Hatschepsuts 83 und des Torbaus Thutmosis' III. zwischen dem V. und VI. Pylon von Karnak. 84 Sämtliche Figuren, Götter, Göttinnen, Königin und Thutmosis III., können als überaus schlank, langbeinig, dünngliedrig und schmalhüftig beschrieben wer­den; Muskeln sind durch Schweifungen des Umrisses leise angedeutet. Bewegte Figuren, wie sie die Laufszenen der Hatschepsut auf der Roten Kapelle mehrfach enthalten, und die Szene Thutmosis' III. beim "Nieder­schlagen der Feinde" auf der Südseite des VII. Pylons von Karnak, 85 führen uns die Herrscherin oder den Herrscher mit langen, schlanken Beinen, sehr schmaler Taille und sehr langgezogener Krone vor Augen: Es sind elegante, tänzerische Posen jugendlicher Personen, die wir beinahe als schlaksige Teenager bezeichnen könnten. Die federnde Spannkraft des Umrisses lässt zugleich die Energie und Vitalität ahnen, die in so jungen Körpern steckt. Nicht nur bei Hatschepsut und Thutmosis III., auch bei Göttinnen und Göttern ist zu sehen, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen gering ist. Das neue erotische Schönheitsideal ist sehr jugendlich, es knüpft an den bei Jünglingen und Mädchen im Pubertätsalter oder kurz danach vorkommenden Typus des "kraftvoll-anmutigen Teenagers" an, und die sinnliche Ausstrahlung 81 R. Tefnin, La statuaire d'Hatshepsout. Portrait royal et politique sous la 18' Dynastie, (Fondation Egyplologique Reine Elisabeth), Bruxelles 1979, Tf. [II-VI. 82 Lange-Hirmer, a.a.O. (Anm. 13). Tf. 140-141 ; vgl. auch die Statuetten Kairo CG 404 und 428 {a.a.O., Tf. 142-144). 81 PAP II, S. 64-71. 84 PM- II, S. 86. 83 PM- II, S. 170 (499); Lange-Hirmer, a.a.O. (Anm. 13). Tf. 139.

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