Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst
geht von der feingliedrigen Eleganz des Körpers aus. Es scheint mir, dass dieses jugendliche "Unisexideal" unter Hatschepsut ausgebildet wurde, als man sich nicht entscheiden mochte für einen reifen männlichen oder weiblichen Typus und sich für eine geschlechtlich nicht streng differenzierte Vorstufe mit femininem Einschlag entschied. Interessanterweise gibt es aus der 18. Dynastie einen Text, der genau dieses Ideal des ''krafrvoll-aninutigen Teenagers" beschreibt. Es ist die berühmte Sphinxstele Amenophis' IL, die seine sportlichen Leistungen als ca. 14-18 Jähriger, d.h. vor seiner Thronbesteigung mit 18 Jahren, preist. In der Übersetzung von Miriam Lichtheim wird dort Amenophis zuerst als Kronprinz und alsdann bei der Thronbesteigung wie folgt beschrieben: "He is eager to excel and rejoices in strength while as yet a charming youth without wisdom"... "Now then his majesty appeared as king, as a beautiful youth who was well developed and had completed eighteen years upon his thighs in strength. He was one who knew all the works of Month; he had no equal on the field of battle. He was one who knew horses; there was not his like in this numerous army. Not one among them could draw his bow; he could not be approached in running". 86 Von seiner Perfonnance beim Bogenschiessen ist sogar ein Bild erhalten auf einem Block aus dem III. Pylon von Karnak, 87 wo er in erstaunlich zarter, vielleicht noch nicht ganz ausgewachsener Gestalt auf dem Streitwagen steht; Kraft und Dynamik sind weitgehend auf die galoppierenden Pferde verlagert. Vom modernen Spitzensport ist es bekannt, dass in manchen Disziplinen, wie z.B. Eiskunstlauf, Tennis oder Skifahren, Teenager beiderlei Geschlechts im Alter von etwa 15-18 Jahren über eine Kraft und Energie verfugen, die sie zu absoluten Spitzenleistungen befähigt, ohne dass der Körper seine jugendliche Gestalt verlöre. Der Grundtypus wurde im Lauf der 18. Dynastie weiterentwickelt. Es ist aber zu bedenken, dass wir weiterhin nur eine kleine Minderheit aller Königsbildnisse, nämlich qualitativ hochstehende Stand-, Sitz- oder allenfalls Kniebilder mit kurzem Schurz betrachten wollen, da nur bei diesen die Frage nach einem erotischen Schönheitsideal überhaupt gestellt werden kann. Als Beispiele für Amenophis II. mit jugendlich zartem Körper sind Kairo CG 42077 und JE 39394 zu nennen, während an der Kniefigur Turin 1375 die Kraft 6 Lichtheim, a.a.O. (Anm. 31), Vol. 11, S. 41 f; vgl. W. Helck, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzung zu den Heften 1722, Berlin 1961, S. 26f. (Urk. IV, 1279-1282); vgl. auch 141 (Urk. IV, 1541, Sphinxstele Thutmosis' IV). ; ' PM- II, S. 79 (202k).