Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst
nicht zwischen der Rolle des Haares bei Männern und Frauen unterschieden wurde, da es offenbar für beide Geschlechter gleich wichtig war. Aus dem Mittleren Reich gibt es mehrere Stellen in den Sargtexten und literarischen Texten, die Licht werfen auf die erotische Bedeutung des langen, lockigen und/oder geflochtenen Haares. Wohbekannt ist die Ruderpartie des Snofru mit den nackten, bezopften Mädchen (hnskttt bntii) aus dem Papyrus Westcar, 73 und ebenso die Verführungsszene der "Hirtengeschichte", in welcher eine Göttin mit Locken oder "tresses" agiert: "She came stripped naked of her clothes, with her hair let loose", wie es in Parkinsons Übersetzung heisst. 74 Ganz wichtig ist Spruch 317 der Sargtexte, wo der Verstorbene zum Nilgott wird und spricht: "Truth is conducted to me as to Re, my women with braided hair (hnskwt) are like the frog-goddesses (Mr)". 75 Die fruchtbaren Frauen mit Zöpfen sind also "wie die Geburtsgöttin": Dies klingt wie eine auf die idolartigen Frauenfigürchen, die wir oben besprochen haben, gemünzte Erklärung! Sie sind nicht schlechthin identisch mit Heket, aber sie sind Verkörperungen ihrer Funktion. Auch für Sobek, den fruchtbarkeitspendenden Krokodilgott des Fajjums, gilt, dass seine Sexualpartnerinnen "his smwt-women and their hair" sind (CT Spell 991), 76 und im Hymnus des pRamesseum VI wird er im gleichen Atemzug als "Gelockter, der die Räuberei liebt" und "begattender Stier, Herr der Liebe" apostrophiert. 77 Eine für unser Thema sehr spannende Aussage ist im Sargtextspruch 154 enthalten, 78 wo eine Ätiologie des Hohepriesters von Heliopolis und seiner geflochtenen Seitenlocke gegeben wird: Re schickt eine Frau mit geflochtenem Haar zu "Him who wears bright-red cloth", um ihn zu verführen, und so entstand "the man with braided hair in On"; er entstand aber in doppelter Gestalt, nämlich zugleich als kahlgeschorener "Greatest of the Seers", welcher, wie man aus Spruch 3 10 79 erfährt, die geflochtene Locke (als künstliches Haarteil) trägt. So ist also auch die Seit' Lichtheim, a.a.O. (Anm 31), Vol. I, 216. 4 R. B. Parkinson, The Tale ofSinuhe and Other Egyptian Poems 1940-1640 BC, Oxford 1997, S. 287f; vgl. auch Totenbuch 17, 354-357: Isis löst ihr Haar und empfangt Horus (E. Hornung, Das Totenbuch der Ägypter, Zürich-München 1979, S. 75. Vgl. auch Ph. Derchain, Sncfrou et les Rameuses, RdE 2] (1969), S. 19-23. " R. O. Faulkner. The Ancient Egyptian Coffin Texts, Vol. I, Warminster 1973, S. 242 (IV 122). " Faulkner. a.a.O. (Anm. 75), Vol. 3, S. 99 (VII 202). 77 Assmann, a.a.O. (Anm. 1), S. 425 (Nr. 203A, 16-18). 7 * Faulkner. a.a.O. (Anm. 75), Vol. 1, S. 132 (II 280-287). 7 ' Faulkner, a.a.O. (Anm. 75). Vol. I, S. 228 (IV 66).