Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
SIGRID HOEDEL-HOENES: Afrikanisches Gedankengut im Mundöffnungsritual
Afrikanisches Gedankengut im Mundöffnungsritual Bis in das Neue Reich haben sich im Mundöffnungsritual Szenen des alten Statuenrituals erhalten, die frei von mythologischen Anspielungen sind und eine Reihe unverständlicher Wörter und Begriffe enthalten. Zu diesem Kern der ältesten Schichten religiösen Schrifttums, dem nicht-mythischen, dem dramatischen Ritual, gehören die "Handwerkerszenen" 9-18, die "Schlachtszenen" 23 und 24 und die Szene 74C. 1 Dabei scheint es in der 9. und der 10. Szene einige Hinweise auf ein latentes Substrat afrikanischer Vorstellungen zu geben, das im Mundöffnungsritual eine völlig durchritualisierte Form des "Erweckens" zeigt. In der 9. Szene "Aufwecken des Sem-Priesters", bzw. in der 10. Szene "Beseelung der Statue", schläft der Sem, wird aufgeweckt und berichtet über seine Erlebnisse im Schlaf. 2 In der Szene 9, dem Aufwecken des .Sem-Priesters, hockt dieser in einen Mantel gehüllt auf einem von der Schmalseite gesehenen Bett.- Dem Sem gegenüber befindet sich die Statue; hinter ihr der jmj-jz. Er wohnt im Mundöffnungsritual den Handwerkerszenen bei. Er ist eigentlich ein Hofbeamter, der der königlichen Schmuckkammer und der Salbkammer vorsteht. 4 Nach Otto 5 wird er nur in der 9. Szene dargestellt, ist aber vielleicht auch in der 10. Szene als anwesend vorausgesetzt. Darüber hinaus ist er in den Statuenmundöffnungsszenen 27 und 32 zu finden. Der Text zur Szene 9 lautet: 1 E. Otto, Das ägyptische Mundöffhungsritual, ÄA 3, Wiesbaden 1960, Teil II, S. 3, 55. 2 Das Folgende nach Otto, a.a.O. Teil I, S. 21-30. Teil II, S. 53 -59. Abb 1. Dort sind auch die problematischen Begriffe diskutiert. ' Schon Baly schreibt mit Recht, daß es sich sicher um den Sem handelt und keine Belege für Verbindungen seiner Kleidung zu derjenigen des Tekenu nachzuweisen seien, wie es Maspero und ihm folgend Moret fälschlich suggerierten. Jede Beziehung des Tekenu mit dem Mundöffnungsritual sei strikt abzulehnen. Balys Vermutung, dass die Riten des Tekenu afrikanische Ursprünge haben, ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch sind sie zu verändert, um Klarheit schaffen zu können. T.J. C Baly, Notes on the Ritual of the Opening of the Mouth, JEA 16 (1930), S. 178. 4 W. Hclck, Untersuchungen zu den Beamtentiteln des ägyptischen Alten Reiches, ÄF 1 8, Glückstadt-Hamburg-New York 1954, S. 24. - Otto, op. cit. (Anm. 1), II, S. 12.