KÖTŐDÉSEK. A VIDÉKI MAGYARORSZÁG EMLÉKEZETE (Kiállítási katalógusok - Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2003)

VORWORT "Kein Mensch lebt ohne Bindungen, soll er auf dem Lande, in einer Kleinstadt oder in der Hauptstadt leben. Wir fühlen uns an unser Zuhause - an unsere eigene Kammer, unseren eigenen Keller -, an den gewohnten Weg, an Stammorten, an eine Bank im Park gebunden. Unsere Gebrauchsgegenstände, wie auch unsere Andenken gehören zu uns: unsere Uhr, unser gewohntes Werkzeug, unser Lieblingsgeschirr, unser erster Bär, unsere Schulzeugnisse, alte Fotos und Briefe, die Soldatentruhe des Urgroßvaters. Wir fühlen uns von der Zeit angezogen: mitten im Wechsel der Jahreszeiten fühlen uns immer mehr an den Duft der dürren Quittenäpfel auf dem Schrank, an den Duft der auftauenden Erde, an den Geschmack des kühlen Wassers im Tonkrug, oder an den Duft des Herbstrauches gebunden. Und nicht zuletzt knüpfen uns unzerreißbare Bindungen zur Sprache, da wir unsere menschlichen Beziehungen über das Mittel der Sprache weben und zerreißen: all unsere Bindungen nehmen in der Sprache Gestalt an, da unsere eigenen Bindungen oft nicht auf unmittelbare Erfahrungen, sondern auf die Geschichten von anderen, auf die bitteren oder heiteren Wahrheiten im Leben von anderen zurückzuführen sind. Die Eigenart des Freilichtmuseums Szentendre besteht darin, dass es imstande ist das Erbe der bäuerlichen Welt in ihrer Vollständigkeit, jedoch auf all unsere Sinne einwirkend vorzuführen. Dieses Erbe heißt: unsere Traditionen. Beim Besuch deL Ausstellung erkennt der Besucher - inmitten seines nostalgischen Nachdenkens - seine Bindungen: in der Umgebung von Gegenständen, die eigentlich zur Erinnerung sublimiert sind, erfährt er das Erlebnis seiner Zugehörigkeit zur Vergangenheit. Die aus dem Dorfbild - aus der organischen Einheit von natürlicher und gebauter Umgebung - ausstrahlende Harmonie reißt ihn hin. Die Harmonie erscheint in den ausgeglichenen Proportionen, in der Ruhe ausstrahlenden strukturellen Ordnung. Er sieht, wie die Jahreszeiten auf den Hügeln des Museums vorbeiziehen und kann selber Teil der lustigen Veranstaltungen sein, die die Festtage des alten Lebens in Ungarn wieder aufleben lassen. Die Künstler von Szentendre sind gleichzeitig mit unserer Stadt und mit der Region ihres Ursprungs eng verbunden. Das Freilichtmuseum übermittelt eine Botschaft: im Einklang damit steht die Ähnlichkeit zwischen Künstler und Bauer-Handwerker. Die Ähnlichkeit besteht in der unmittelbaren Beziehung zum Material und in der einfallsreichen Schaffensfreude. Aus diesem Grund hält es das Freilichtmuseum Szentendre für wichtig, die Erinnerung des ländlichen Ungarns durch die Eröffnung der Galerie in der Sprache der bildenden Künste, mit Hilfe der Geschichten und Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern von Szentendre im Jahr 2003 in Szentendre heraufzubeschwören." Mit diesen Gedanken formulierten der Maler János Aknay, der Büttenpapiermeister László Vincze, die Programm-Managerin, Zsuzsanna Szabó und der Direktor des Museums, Miklós Cseri eine Aufforderung im Januar 2003. Das Zustandekommen der Skanzen Galerie hatte zwei Gründe. Einerseits wollten wir die bis jetzt äußerst aktive Tätigkeit des Museums, die die dynamische Öffnung in Richtung verschiedener gesellschaftlicher Segmente zum Ziel hat, fortsetzen, da es allgemein bekannt ist, dass die zeitgenössischen ungarischen Künstler über eine bedeutende soziale Grundlage verfügen, die jedoch mit dem Kreis der für Volkskultur und Volkstraditionen Interessierten nicht immer identisch ist. Andererseits lag die Notwendigkeit auf der Hand, die zwei bedeutendsten Kulturattraktionen der Stadt Szentendre - die hohe Kunst vertretende Schule von Szentendre und das die traditionelle Bauernkultur bewahrende und vorstellende Freilichtmuseum, das sich jährlich mehreren Hundert Tausend Besuchern erfreut -, nach einer 36jährigen Koexistenz miteinander zu verbinden. 8

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