Cseri Miklós, Füzes Endre (szerk.): Ház és ember, A Szabadtéri Néprajzi Múzeum évkönyve 15. (Tanulmányok Füzes Endre 70. születésnapja alkalmából. Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2002)

K. CSILLÉRY KLÁRA: A kanapé és a köznépi lakás modernizálása a 19. századi Magyarországon

Klára K. Csilléry DAS KANAPEE UND DIE MODERNISIERUNG DER WOHNUNG DES GEMEINEN VOLKES IN UNGARN IM 19. JAHRHUNDERT Die Autorin befaßt sich in ihrer Studie mit dem Sitzmöbel für mehrere Personen mit gebogenen Armlehnen, das in den Wohnungen des gemeinen Volkes in Ungarn unter dem Namen Kanapee verbreitet wurde. Sie möchte diejenigen Änderungen in der Art der Einrichtung analysieren, die die Verbreitung dieses Möbels hervorgerufen hatte. Die einleitenden Absätze behandeln die Vorläufer. Die Form des Gegenstandes läßt sich auf das griechische oder römische, symmetrisch aufgebaute Bett oder Liege (Abb. 1) zurückführen, das in den ersten Jahrhunderten n.Chr. mit Rückenlehne ergänzt wurde. Versuche wurden gemacht, dieses Möbel im 16. Jahrhundert, zur Zeit der italienischen Spätrenaissance als Sitzmöbel zu erneuern (Abb. 2). Die Entstehung dieser Form in der Neuzeit ist der Verbreitung der gepolsterten Sitzmöbel für mehrere Personen zu danken. Diese waren auch in den herrschaftlichen und bürgerlichen Häusern im 18. Jahrhundert in Ungarn bekannt, wie auch ihre Version im Rokokostil (Abb. 3). Die die antike Form erneuernde klassizistische Gestaltung des Kanapees wurde auch in den Zeichenschulen unterrichtet (Abb. 4). Während jedoch die Rokoko vari ante die Wohnung des gemeinen Volkes kaum erreicht hatte (Abb. 11.), verbreitete sich die antikisierende Form (Abb. 5) meistens vom Biedermeier angehaucht, mal im Geschmack des Neurokoko, aber immer ohne Polsterung, im größten Teil des damaligen Ungarns auch in den Bauernhäusern (ABb. 12-17). Oft wird es mit dem dreiteiligen Blatt (Abb. 12) dekoriert, welches Motiv auch auf anderen dörflichen Sitzmöbeln anzutreffen ist (Abb. 30). Das Muster stammt von Georg Hepplewhite, es verbreitete sich in der ungarischen Möbelherstellung nach seinem Handbuch (Abb. 6), von süddeutschen Einwirkungen umgeformt (Abb. 7-9). Die erste Angabe über den Gebrauch des Kanapees in ungarischen Bauernhäusern kennen wir aus einem 1830 aufgenommenen Inventar. Es befand sich in der für Gäste reservierten Stube im Zweizimmerhaus des reichsten Leibeigenen eines Dorfes in Süd-Transdanubien. Die weitere Verbreitung des Gegenstandes können wir dank mit Jahreszahl versehenen Exemplaren ab zweiter Hälfte des 19. Jahrhunderts verfolgen (Abb. 15). Das Kanapee wird bei der Bevölkerung aufgenommen, aber bald den früheren, mit Blumen bemalten Möbeln angeglichen. Die wohlhabenden Bauern mit Prestige, die sich als Erste das Kanapee zu Repräsentationszwecken angeschafft hatten, wollten gleichzeitig auch das ehema­lige herrschaftliche-bürgerliche Wohnungsmodell und die dort der Unterhaltung dienende Sitzmöbel-Einheit (Abb. 10) übernehmen. Wahrscheinlich wirkte ihre sym­metrische Anordnung auf sie, als sie zwei traditionelle bäuerliche Prunkbetten an beiden Seiten des Tisches und der Sitzmöbel hinstellten, und damit die frühere diagonale Einrichtung durch die sog. parallele Einrichtung (Abb. 18-21) ablösten. Die Fachliteratur behauptete bis jetzt, dieses System sei von unbekanntem Ursprung. Es ist auch auf tschechischem und polnischen Gebiet vorhanden, und entstand wahrscheinlich nicht unabhängig von einander. Die bürgerliche Form des sozialen Umgangs, was die Bauern zusammen mit der Sitzmöbel- und Tisch-Einheit übernehmen wollten, verbreitete sich bei ihnen nicht. Dies kann der Grund dafür sein, dass die Innovation, d.h. die Annahme der parallelen Einrichtungsweise in Ungarn nur teilweise gelungen ist. Im beschränkten Wohnraum der Bauernhäuser konnte diese Einrichtungsweise nur mit Kompromissen verwirklicht werden, das neue, moderner erscheinende System hatte die Einengung des Platzes am Tisch zur Folge. Der ursprüngliche Zweck der Über­nahme verblasste und mit der Entfernung von den inno­vativen Zentren nahm auch die Anziehungskraft der par­allelen Einrichtungsweise ab und sie ging nicht überall zusammen mit der Verbreitung des Kanapees. Manchmal wurde sie übernommen, aber falsch verstanden und ger­ade das Kanapee wurde herausgelassen. Anderswo beg­nügten sich die Einwohner mit der Übernahme des Kanapees als Modernisierung der Wohnung, haben es jedoch als Eckbank, meistens paarweise hingestellt (Abb. 22-23, 29). Schlußendlich wurden die neueren Eckbanken mit Armlehnen, wie das Kanapee hergestellt und diese Bank wurde Kanapee genannt (Abb. 24-28). Das Kanapee ließ sich aber im 19. Jahrhundert nicht mal in einem Gebiet endgültig an dieselbe Schicht der lokalen Gesellschaft knüpfen. Zum Schluß zählt die Autorin Beispiele dafür auf, wie das vorgestellte Sitzmöbel in der zweiten Hälfte des 19. und im 20. Jahrhundert bei den niedrigeren sozialen Schichten als ersehnter Prestigegegenstand erscheint.

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