Miklóssy János: „Elzúgtak forradalmai...” (1849–1875) (Képes bevezető a magyar irodalom világába, Budapest, 1991)

EINFÜHRUNG IN DIE GESCHICHTE DER UNGARISCHEN LITERATUR Nachdem Pest von den österreichischen Truppen besetzt worden war, war es kein Zentrum der Lite­ratur und des geistigen Lebens mehr. Unsere besten Dichter und Schriftsteller zogen sich in die Pro­vinzstädte zurück und publizierten nicht mehr. Mehrere von ihnen wurden verhaftet, hielten sich un­ter falschem Namen verborgen, waren gezwungen zu emigrieren, oder dienten strafweise als gemeine Soldaten in der österreichischen Armee. Dire Rolle wurde von Dilettanten und Epigonen übernommen. Die früher bekannten literarischen Tageszeitungen und Zeitschriften erschienen nicht mehr, die literarischen Gesellschaften wurden aufgelöst und die Tätigkeit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften war von keiner Bedeutung mehr. Nachdem der Belagerungszustand aufgehoben worden war, bemerkend die starke Verbreitung des Dilettantismus, rückten meistens junge Schriftsteller und Publizisten (Pál Gyulay, Károly Szász, Sán­dor Szilágyi) mit dem Anspruch auf eine gehaltigere Literatur heraus. Ihr Wahlspruch war wie folgt: die Nation soll weiter leben und ihrer Meinung nach war die Aufrechterhaltung der Kultur, der Lite­ratur und der Presse die einzige Möglichkeit des Fortbestehens. Da der Versammlungsplatz der epi­gonischen Dichter die Redaktion der nichtliterarischen Tageszeitung Hölgyfutár (1849—67) war, gab Pál Gyulay seinem Essay den Titel „ A hölgyfutár poétái", der als die Ouvertüre der gegen die Epigo­nen geführten und bis zum Ende der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts dauernden kritis­chen Offensive von hohem Niveau betrachtet werden konnte. Die Mehrheit der ungarischen Bevölkerung empfand Abneigung gegen die wieder zur Macht ge­kommene Habsburg-Monarchie. Sie betrachteten den Führer des Freiheitskrieges, Kossuth, und die revolutionäre Emigration als Vertreter ihrer Interessen und erwarteten von ihnen die Neuorganisation des Freiheitskrieges. Aber es gab auch solche, die sich für den Ausgleich entschieden, selbstver­ständlich die ungarischen Interessen in Betracht ziehend. Diese waren besonders die noblen Mittel­grundbesitzer mit liberalistischen Ansichten, deren Meinung nach die europäischen Großmächte nicht für den Zerfall des Österreichischen Reiches (der Österreich-Ungarischen Monarchie) gewesen seien und die ungarischen Unabhängigkeitsbestrebungen nur von Zeit zu Zeit ihren eigenen Interes­sen entsprechend benützt hätten. Tatsache ist, daß die revolutionäre Lösung der 1850-er Jahre in Eu­ropa unzeitmässig wurde und überall die Reaktion Oberhand gewann. Die nationalen Bestrebungen, wie man auch in Italien und Deutschland bemerken konnte, erzielten Erfolge nur durch von der füh­renden Macht geführte, dynastische Kriege. Zu dieser Zeit war in unserem Land die Schicht der bürgerlichen Intelligenz ziemlich unbedeu­tend, die die Literatur und die Künste unter entwickelteren Umständen freigiebig hätte unterstützen können. Infolgedessen war das Erscheinen der literarischen und Kunstzeitschriften sehr labil. Die wichtigsten literarisch-ästhetischen Bestrebungen der Epoche konnten in eigenartiger Weise in erster Linie aus politischen Tageszeitungen rekonstruiert werden. Diese waren unter geregelteren materiel­len Verhältnissen tätig und hatten einen sicheren Abonnentenkreis. Ihre Feuilletons stellten sie gerne der Belletristik, der Kritik und der Fachliteratur zur Verfügung.

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