Csaplár Ferenc szerk.: Lajos Kassák / Reklame und moderne Typografie (1999)
Die Fotomontage
um so mehr, als im Reklame-Erfolg der Montage bereits jetzt die Erscheinungen wahrnehmbar sind, die, wenn sie nicht rechtzeitig ernst genommen und nicht korrigiert werden, leicht zu einer Verlotterung und Diskreditierung der Montage führen können. Das Anfertigen von Fotomontagen ist heute bereits eine Freude, ja es ist ganz einfach, wenn man darin nichts weiter erblickt, als daß Fotos, oder Teile davon, nebeneinander oder übereinander geklebt werden. Und leider wähnt sich ein Großteil der Fotomonteure tatsächlich vor keine andere Aufgabe gestellt. Für sie ist da eine ebene Fläche gegeben, und es sind verschiedene Fotografien gegeben, und da sie nichts Besseres zu tun haben, puzzeln und picken sie diese Fotos auf die saubere und geduldige Fläche. Bestenfalls komponieren sie das ganze als Maler. Es muß uns völlig klar sein: ein Bild malen, oder aber ein Fotomaterial mittels Aussuchen, Abmatten und Hervorheben in eins und zu einem Ganzen von neuer Bedeutung zusammenzufügen - das sind zwei unterschiedliche Aufgaben. Der Künstler will in jedem seiner Werke irgendein inneres Empfinden, irgendein nicht ausgelebtes Erlebnis, ein unterdrücktes Sehnen oder einen im täglichen Leben nicht realisierbaren Gedanken manifestieren, in Farben, Tönen oder Formen Gestalt werden lassen. Jedes künstlerische Material verlangt nach einer jeweils anderen Formensprache, und jeder Künstler hat die Gesetze des Materials zu berücksichtigen. Die Fotos die der Fotomonteur vor sich zu liegen hat, sind ebenfalls nichts anderes als Material. Aber zwischen dem Material des Malers und dem des Monteurs gibt es ihrem Wesen nach sehr große Unterschiede. Das Wesentliche beim Material des Malers sind die Farbe und die Form; das Material des Monteurs beinhaltet drei Dinge: Farbe, Form und Sinngehalt. Verglichen mit dem anderen ist dies teils ein Vorteil, teils ein Nachteil. Es versteht sich von selbst: eine gute Fotomontage kann nur einer machen, der die spezielle Natur seines Materials kennt und aufgrund seiner Gegebenheiten als Mensch befähigt ist, dieses Material zu bewältigen, zu formen und so zu harmonisieren, daß es die Werte des Erschaffenen ausdrücke. Der Sinngehalt im Material der Montage ist in etwa der Bedeutung des Bodenmaterials für den Architekten gleichzusetzen. Dies ist eine stark fesselnde Kraft, zugleich aber auch ein unentbehrlicher Grundpfeiler dieser Form des Schaffens. Die meisten Monteure sind sich über den Charakter ihres Materials nicht im klaren, deshalb sind ihre fertigen Arbeiten nichts als sinnlose Spielerei oder bunte, wirkungslose Anhäufungen von Phrasen. Beide Resultate sind dem ursprünglichen Zweck der Fotomontage entgegengesetzt. Im Zuge ihrer Entwicklung hat die Montage auf ihre Tendenziösität, auf die Akzentuierung ihrer mit intellektuellen Motiven illustrierten intellektuellen Tendenzen nicht verzichtet. Der Maler mag das abstrakt oder absolut Künstlerische erstreben, der Monteur jedoch hat sich bewußt, aufgrund des Charakters seines aufzuarbeitenden Stoffes, auch der intellektuellen Lösung der schöpferischen Aufgabe zu unterziehen. Denn eben diese Dreiheit des Stoffgehalts (Farbe, Form, Sinn) rückt die Montage auf dem Gebiet der Reklame in den Vordergrund, vor jegliche Bravourstücke von Malern und Grafikern. Äußert man sich über die Fotomontage, muß auch dem Verhältnis von Montagefoto und Buchstabentype zueinander ein Wort gewidmet werden. Das Hauptmaterial der Montage ist das Foto, daraus folgt, daß der Buchstabe bloß Beiwerk ist und lediglich eine sekundäre Rolle auszufüllen hat. Eine theoretische Bestimmung dafür zu geben, welche Schrift konsequent verwendet werden soll, ist unmöglich. Aus der Praxis ist nachweisbar: es können positive und negative, schwarze und farbige Buchstaben Verwendung finden. Das wird von Fall zu Fall von der stabilen oder dynamischen, dunklen oder hellen Anlage der Montage bestimmt. Ais allgemeines Gesetz kann allerdings akzeptiert werden, daß die Buchstabenform ruhig, neben dem Charakter der Montage von neutralem Charakter sei. In dem Obengesagten habe ich den Versuch unternommen, eine intellektuelle Definition der Fotomontage zu skizzieren. Eine detaillierte Bearbeitung des reichen und vielseitigen Themas bedürfte einer umfangreichen analytischen Studie. REKLÁMÉLET, 3. JG. NR. 5 (MAI 1930) S. 7-8 Lajos Gró: Die russische Filmkunst. Bp. 1931 Umschlag / Kat. 155. 22