Török Dalma (szerk.): „Nekünk ma Berlin a Párizsunk”. Magyar írók Berlin-élménye, 1900-1933 (Budapest, 2007)
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ein halbes Kilo Brot teilte oder sie bei der jüdischen Gemeinde zehn Mark bekamen, im ungarischen Verein ein Abendessen, bei der schottischen Mission ein Paar Socken und einige Pfennige, von zu Hause Geld oder ein Päckchen, von einem sich in ihre Gesellschaft verirrenden reichen Ungarn eine Einladung. Sie lebten also in jenem undestillierten physiologischen Sinne des Wortes, der dem Inhalt des Gestern, dem Ziel des Morgen fernsteht, und in dem die Selbsterhaltung so gut wie nichts anderem dient als den im Organismus wirkenden chemischen Korrelationen. 1930 THOMAS MANN ÜBER DEN ROMAN VON DEZSŐ KOSZTOLÁNYI Lieber Herr Kosztolányi! Bewegt scheide ich von Ihrem Manuskript, diesem Kaiser- und Künstlerroman, mit dem Sie die Hoffnungen erfüllen, ja übertreffen, die sich seit den Novellen der „Magischen Laterne“ an Ihr feines und starkes Talent knüpfen. Ihr Wachstum kann kaum etwas Überraschendes haben für den, der sich an Ihren Anfängen erfreute. Und doch möchte ich Ihren „Nero“ überraschend nennen, mit dem Hinzufügen, daß ich dies Wort, angewandt auf ein Kunstwerk, als eine sehr starke Lobeserhebung empfinde. Es will sagen, daß das Werk mehr ist als ein Produkt der Kultur und eines nationalen oder selbst europäischen Niveaus; daß es das Zeichen persönlicher Gewagtheit an der Stirne trägt, aus kühner Einsamkeit stammt und unseren Sinn mit einer Menschlichkeit, die wehe tut, so wahr ist sie, berührt. Das ist das Wesen des Dichterischen. Das andere ist Akademie, selbst wenn es sich sansculottisch gebärden sollte. Sie gaben in geruhig-herkömmlicher Form ein freies und wildbürtiges, ein irgendwie ungeahntes Buch. Sie gestalteten in einem zweifellos wohl studierten Zeitgewande, das nicht einen Augenblick kostümlich-theatralisch, nicht einen Augenblick archäologisch wirkt, so leicht und selbstverständlich wird es getragen, Sie gestalteten, sage ich, unter historischen Namen Menschlichkeiten, deren Intimität aus letzten Gewissenstiefen stammt. Ihr schlimmes und schamhaft stolzes Wissen um Kunst und Künstlertum, Sie ließen es eingehen in diesen Roman des blutig-qualvollen Dilettantismus und verliehen ihm damit alle Tiefe und Melancholie, alles Grauen und alle Komik des Lebens. Ironie und Gewissen, sie sind eins, und sie bilden das Element der Dichtung. Nero ist wild und groß zuweilen in seiner verzweifelten Ohnmacht; aber als Figur stelle ich Seneca über ihn, diesen Dichterhöfling und Sophisten von Meisterglätte, der dennoch ein wirklicher Weiser ist, ein wahrhaft großer Literat, und dessen letzte Stunden mich erschüttert haben, wie weniges in Leben und Kunst. Die Szene gleich, wo er und der Kaiser einander ihre Gedichte vorlesen und sich gegenseitig belügen, ist köstlich. Doch läßt sie sich an 1 6 1