Török Dalma (szerk.): „Nekünk ma Berlin a Párizsunk”. Magyar írók Berlin-élménye, 1900-1933 (Budapest, 2007)
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ANDOR NÉMETH: DAS NÜRNBERGER Wir finden nicht zueinander, und es ist wundervoll, wie gleich wir doch sind. Wir sprechen alle dasselbe, mit derselben farblosen Weltlichkeit, wir verstehen einander alle, denn was sollten wir uns nicht verstehen, wir tauschen die Zeitungen und wissen alle, wie der Dollar steht. Wir sitzen in den Rohrsesseln von Rujder zu zweit oder zu drift, nah beieinander, trinken doppelten Mokka, der ebenso ist wie der einfache, nur teurer, wären gerne anderswo, immer anderswo, doch zum Lebensrhythmus gehört, um neun hier vorbeizuschauen. Wir sind einander überdrüssig wie die Sträflinge, wie die Verdammten, können aber nicht ohne einander sein. Selbst derjenige, der einen Sprung macht und sich ein Zuhause schafft, taucht in kurzer Zeit wieder unter uns auf, schamerfüllt und geknickt nimmt er seinen früheren Platz ein. Das ist der Teufelskreis, das ist das Berliner Purgatorium, das ist das Kaffeehaus Nürnberger. Es wäre leicht, dieser Zwangsarbeit den Stempel des Verdienstes aufzudrücken und zu sagen, wir sitzen hier, weil das Nürnberger ein ungarisches Kaffeehaus ist. Es ist ein längst vergessener Beweggrund, was für eine Art Kaffeehaus das Nürnberger ist, uns interessieren nur die uralten Stammgäste. Über der Kasse hängt ein ungarisches Schild: „Die Nation lebt in ihrer Sprache“, und das in etwa ist die Wahrheit. Die schlechte und stereotype ungarische Art des Sprechens kettet die hier Sitzenden aneinander. Durch das gewohnte Idiom lassen sie ihre Bitterkeit leichter aus sich heraus. Wir sind hier und fragen uns, warum wir hier sind. Du kannst Jahre lang hier sitzen, und es geschieht kaum etwas. Das weiß man, und man kommt doch zurück, man sucht etwas, wartet auf etwas, man weiß selbst nicht auf was. Das Nürnberger ist der Wartesaal dieser Diaspora. Von hier ziehen die Schicksale los, hier treffen sie wieder ein. Jede Weltstadt hat jetzt ein solches ungarisches Kaffeehaus. II. Was aber tiefer liegt und symptomatischer ist: die beinahe zur Physiognomie gewordene Melancholie des Nürnberger. Die Berliner Ungarn, selbst die neuen, sind im Allgemeinen gut situiert und doch, fast ausschließlich, verzweifelte Existenzen. Sie leben, an deutschen Maßstäben gemessen, gut, im Vergleich zum Wiener Brimborium mit einer Art eisiger Nüchternheit, mit jener ihnen auferzwungenen Bedachtheit, die Berlin vorschreibt. In ihrem Habitus, in ihrer äußerlichen Korrektheit sind die meisten schon ganz deutsch, und die bewahrte Pester Sprache, die sie sprechen, hört sich aus ihrem Munde beinahe schlecht an. Sie sind noch jung, und obschon sie sich rasch assimilieren, geschieht dies nicht vollkommen. Jeder von ihnen rettet einen Jahrgang ungemindertes Pest in seine Erinnerungen hinüber. 1 58