Török Dalma (szerk.): „Nekünk ma Berlin a Párizsunk”. Magyar írók Berlin-élménye, 1900-1933 (Budapest, 2007)

Olvasatok - Műtárgyjegyzék

die Amerikaner gegeben, er hatte nie darum gebeten und es auch nie recht verstanden, hatte sich damit abfinden müssen. Das war Berlin gewesen, elf Monate im Zimmer der Witwe Kramer, anfangs freudige Arbeit, Frühaufstehen, bewegliches Umschauhalten, einige Stunden vormittags Unter den Linden in der Bibliothek, dann die kleine Schwedin, dann die kleine Russin, dann noch einige Mädchen verschiedener Nationalität und das Romanische Café mit der Russin, die Mathematikerin war und in einem schäbigen Rattenpelzmantel zwischen den Tischen des Romanischen Cafés einherspazierte im Schatten der Dichterin, die in einer Ledermütze im Café saß, kalten Tee trank und von den Gewohnheiten der Tiere und davon erzählte, daß es einen besonderen Kaninchen-Himmel gäbe, wo die Seelen der verstorbenen Kaninchen als weiße Schatten Purzelbäume schlagen auf den elysäischen Gefilden. Uber dem Zoo ließ die Nacht einen Namen strahlen: Chaplin. Siebzig Millionen Menschen schliefen wieder schlecht des Nachts und begannen kaum merklich zu hungern. Berlin wurde vom Fieber ergriffen, eine Horde überfiel die Straße wie eine Heuschreckenplage und kaufte alles, was die erschrockene und vom Entsetzen betäubte Not feilbot.2 • Da waren vor allem die Deutschen. Aufmerksam waren sie und wohlmeinend, bereitwillig und empfänglich. Gute Menschen waren sie, hatten Ehrfurcht vor der Welt, doch gab es auch für ihre Ehrfurcht ein System, das man erst studieren mußte. Überheblich ist es, dachte er, ein Volk zu klassifizieren. „Die Deutschen”, das ist immer Humbug, es konnte sich höchstens um einige Bücher handeln, um einige Gebäude, Methoden und Theorien, um Frau Kramer, um den verlotterten Polarforscher, um einen Elektromonteur und den Kellner im Romanischen. Und um den alten Richter, bei dem er in der Woche nach seiner Ankunft gewohnt hatte und der seine Hosenträger in der Nebenräumlichkeit liegen ließ. - Erfühlte Dank für Berlin und zugleich leichten, nicht sehr vornehmen, unbezwingbaren Undank. Dank fühlte er für Bücher, Systeme, Methoden, die er von dieser deutschen Welt bekommen hatte, und er liebte diese Sprache, die sehr reif wahr und so logisch wie die Musik, und wenn er einen Gedanken sehr präzise und unmißverständlich formulieren wollte, wann immer, bei der Arbeit oder nachts allein, schaltete sein Gehirn die Begriffe auf Deutsch um. Und das war etwas, worunter er manchmal litt. Dieses Volk, dessen Musik destilliert und vollkommen reif war, schien die Halb- und Vierteltöne des Lebens nicht zu kennen. Nirgends konnte man so vollständig, in einer solchen geradezu wollüstigen Klarheit etwas besprechen wie in Berlin. Nirgends konnte man so wenig plaudern. Die auf das Lächeln folgende Nuance, diese kaum ausgedrückte ultraviolette Heiterkeit der Seele, ihr Zweifeln und ihre Verspieltheit zerlegte diese Sprache mit der Genauigkeit eines Chirurgen in ihre Elemente und überantwortete sie dem Tageslicht der nackten Logik, das keine unkontrollierbaren Nuancen duldete. Vielleicht ist dies nur eine andere Form der Seele, dachte er, zu der es für 1 53

Next

/
Thumbnails
Contents