Török Dalma (szerk.): „Nekünk ma Berlin a Párizsunk”. Magyar írók Berlin-élménye, 1900-1933 (Budapest, 2007)

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Draperie, massive Leuchter - schöner als jedes Theater. Vor der riesigen mit einem Vorhang zugezogenen Bühne, über dem großartigen Orchester spannt sich dort ein Textilstoff, und wir denken mit unserer kulturdurstigen Vorstellung neidisch daran, welch großartige Kammervorstellungen man hier auf dieser Bühne inszenieren könnte, wenn wir nicht nur diese eine Dimension nutzen würden. Die den vornehmsten Theatervorstellungen würdige Ouvertüre verstummt jedoch, mit lautloser Vornehmheit öffnet sich der Vorhang: Das übrige ist bereits Langeweile, Wortdrescherei, Volksbelustigung, Kunstlosigkeit und Primitivität. Der deutsche Kaiser zu Pferd, der deutsche Kaiser zu Fuß, der deutsche Kaiser auf allen vieren, Maxi sucht Flöhe und wirft das Podest um (Musik: Wagners „Feuerzauber", erstrangig interpretiert), Prince überfährt das Automobil und plättet die Schwiegermutter (Musik: Schumann, Opus 2), Linder haut die Polizisten übers Ohr und klettert eine Grube hoch (Musik: Berlioz, Flüchtiger Gedanke), dann wieder der deutsche Kaiser in Kleidern, der deutsche Kaiser in Uniform, der deutsche Kaiser auf dem Boden, der deutsche Kaiser auf dem Hausdach, der deutsche Kaiser im Schornstein, der deutsche Kaiser als Ganzes und in Stücken - die Nase des deutschen Kaisers, weil er so nah an die Kamera getreten ist, dass man nur sie sieht. Hier in Berlin haust jene „Kunst“, die sich bei uns, aufgrund ihrer Art, in Buden und Zelten verbirgt, mit Ausschreiern oderauch ohne, in großartigeren Palästen als die echte Kunst. Hier begegnen wir den Gauklern und Feuerschluckern, die wir das letzte Mal im Volkspark gesehen haben, mit dem Trikot unter dem Plastron, auf strahlenden Bühnen wieder. Was anderes als damals können sie jetzt auch nicht, doch der Rahmen ist prunkvoll. All dies bedeutet Geld, bäuerlichen Reichtum, Schmeichelei durch die barbarischen Massen und die Möglichkeit, dass wir dem plötzlich reich gewordenen Bauern auf einem Goldtablett und mit silbernem Schmuck Rüben und Kartoffeln reichen, der sich Goldtablett und Silber bereits leisten kann, aber Rüben doch lieber mag als gefüllte Langusten Morchel und Parfait. Man kann sich kaum einen berauschenderen Ort vorstellen als den „Wintergarten“. Das ist keine Halle mehr, sondern bereits eine überdachte Arena - dreitausend Menschen finden dort Platz -, an der Decke zweitausend Lichter, unter dem dunkelblauen Dach wird der Sternenhimmel wieder hergezaubert, Erker, Logen, lauter Gold, Glanz, Pomp und Kunst, wahre Trunkenheit und ein Rausch für die Augen. Und die Produktionen? All das, was wir zu Hause im Varieté oder im Folies oder im Royal sehen können. Akrobaten, Gaukler, Seiltänzer. Aber was für eine Bühne! Dann gibt es hier noch das Passage-Panoptikum, das größte in Berlin. Die Wachsfiguren sind zum Davonlaufen schlecht, schlechter und dümmlicher als die Puppen in irgendeinem der Zelte im Stadtwäldchen, ekelerregendes „Anatomie-Institut“ und schreckliche Morde. Doch aus den schwülen Wachsfluren gelangen wir in ein prunkvolles Buffet und in einen Wintergarten, wo pleureuse Damen ihre Siesta halten, jetzt ist die „Ausstellung der Abnormitäten“ aktuell, sie werden von der Ikla in einem gesonderten 1 44

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