Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Ilona Sármány-Parsons: Symbiose und distanz

Maler nach Szolnok, und die Gesellschaft von Landschaftsmalern, die sich in den Sommern in dieser staubigen bäu­erlichen Kaufmannsstadt versammelte, wurde in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die wichtigste stilistische Brücke zwischen der wienerischen und ungarischen Malerei.20 Sie gründeten den Vorläufer der späteren Künstlerkolonie Szolnok, wobei sich ihnen auch ungarische Schüler anschlossen, die diese Themen jahrzehntelang in volkstümlichen Genrebildern darstellten (László Deák-Ebener, Sándor Bihari) und die lokale Tradition der durch die österreichi­schen Kollegen begründeten Malerei der Luftperspektive sowie des bäuerlichen Genres der Generation um die Jahrhundertwende weiter vermittelten. Der Wiener Aquarellist Rudolf von Alt unterrichtete zwar nie Ungarn, doch war er der wichtigste Vedutist von Pest-Buda und später Budapest. Er war mehrere Male in Pest, immer im Auftrag, die Stadt zu malen, was er 1847 - bei seinem ersten Aufenthalt - als eine überaus schwierige Aufgabe empfand, da die geraden, klassizistischen Stra­ßen sowie die kubischen Gebäude nicht gerade ein romantisches malerisches Panorama boten.21 Trotz allem malte Alt ergreifend harmonische und lichtdurchflutete Veduten von der Stadt. Als er zu Beginn der fünfziger Jahre zurück­kehrte, empfing ihn an der Stelle der I 848/49 zerbombten eleganten klassizistischen Häuserzeile am Donau-Ufer bereits ein Kai mit ganz anderer Atmosphäre. Er war es auch, der die Donau mit der Kettenbrücke 1853 das erste Mal aus nördlicher Richtung in der Vogelperspektive malte. Der alternde Meister besuchte die Hauptstadt das letzte Mal zu Beginn der I 880er Jahre, damals verewigte er das perspektivische Bild der sich entwickelnden Großstadt mit den am Horizont rauchenden Fabrikschloten von der Spitze des Gellértberges aus. Die Malergenerationen nach Alt und Pettenkofen, die Mitglieder der Secession oder die Expressionisten, kamen nicht mehr nach Ungarn und malten keine ungarischen Themen.22 Die junge experimentierende Generation der neunziger Jahre richtete sowohl in Wien als auch in Budapest ihren Blick auf die westliche Hälfte Europas, sie konzentrierte sich auf die eigenen augenblicklichen Aufgaben und entwickelte so ihre eigene moderne, zeitgemäße Anschauungsweise. Die Welt der Ausstellungen: Annäherungen und Enttäuschungen Nach dem Ausgleich I 867 ging das künstlerische Leben der beiden Städte verschiedene Wege. Die relative Unab­hängigkeit der Ungarn, die Respektierung ihrer autonomen Kultur realisierte sich in nur wenigen Sphären derart vollkommen wie im Bereich der bildenden Künste (und der Literatur). In Wien behandelte man Ungarn bei Ausstellungen und in der Kunstkritik vollkommen als Ausland, in der gleichen Weise wie Belgien oder Spanien. 84

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