Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Éva Bajkay: Ungarische künstler von der sezession bis zur avantgarde in Wien 1900-1936

Die wenigen Ungarn, die um 1900 in Wien ausstellten, waren weder eng mit der österreichischen Secession noch mit dem regen ungarischen künstlerischen Leben um die Jahrhundertwende verbunden. Die 1898 gegründete Künst­lervereinigung Secession bezeugte kein Interesse an den ungarischen Künstlern, der von 1900 bis 1947 bestehende Hagenbund schon etwas eher.3 In beiden Vereinigungen nahm Elza Kövesházi Kalmár (I876-I956)4 aktiv teil, das Spezielle ihrer Kunst beruhte auf einer Vermischung der Wiener Einflüsse mit individuellen Spezifika. Ihre Lithografie Thauwind (1901), eine Landschaftsvision des Frühlingswindes, der die erfrorene, sündige Welt hinwegfegt, ist eine Anspielung auf das 8. Kapitel des III. Teils von Also sprach Zarathustra und weist damit eine Beeinflussung durch die Philosophie Nietzsches auf. Ein anderes Mal stellte sie symbolisch einen einsamen Baum dar. Sie experimentierte sowohl mit neuen Ideen wie auch mit neuen Materialien5. Der Einfluss von Carl Moll - Mitglied der Gruppe um Klimt, welche die Secession gegründet hatte - lässt sich in ihren auch vom Japanismus berührten Grafiken erkennen. Die Secession lehnte diese Grafiken zwar ab, doch das Budapester Museum der Schönen Künste (Szépművészeti Múzeum) kaufte sie sofort, ebenso wie ihre 1904 entstandene Lithografie Kis kofa [Kleine Marktfrau], die zu den volkstümlicheren Grafiken von Andri Ferdinand (I 871 -1 956) in Verwandtschaft gesetzt werden kann.6 Wirklich Blei­bendes schuf sie in der Bildhauerei. Von ihren Plastiken präsentierte die extravagante Künstlerin zwischen 1899 und 1904 regelmäßig eine Auswahl in der Secession, später sorgte sie bei den Ausstellungen der anderen - offeneren - Künstlergruppe, des Künstlerbunds Hagen, für Aufsehen.7 Ihre besten Kleinplastiken sind der stilisierte und spirituelle Ausdruck der modernen Bewegungskunst. In Wien sah sie Isadora Duncan und die Aufführungen der mit Sándor Márai verwandten Wiesenthal-Schwestern, die ihre Skulpturen inspirierten. Zwischen 1909 und 1912 lebte sie durchweg in Wien und geriet in den Bann der sezessionistischen Keramikkunst. Ihre Tierplastiken - Geier, Frosch, Katze - gestaltete sie in der Wiener Kunstkeramischen Werkstätte. Hier machte sie zwar Zugeständnisse an den Geschmack des Wiener Publikums, doch blieb ihre Kunst moderner als jene der österreichischen Kollegen. Ein anderes ungarisches Mitglied der Wiener Werkstätte8, die sich auch der Buchkunst verschrieben hatte, war József Divéky (1887-1951), der ebenfalls eine gewisse Zeit in Wien lebte. Auf seinen frühen Radierungen stellte er das Unterbewusste, inspiriert von der Traum- und Schicksalsdeutung Freuds, dar, bei seinen barock überladenen, mythologisch-illustrativen Grafiken handelt es sich um eine schwungvolle Verflechtung jugendstilartig dahinschlän­gelnder Linien (die Reihe Todestanz, 1913). Den geometrischen, sezessionistischen Stil der Drucksachen der 164

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