Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Júlia Lenkei: Untergetaucht in Wien - Béla Balázs

Summe und Prozente. Das habe ich gemacht. .Habsburgs Glück und Ende’. Das Bild des Schicksals des armen Elen­digen seit Ende des Krieges. Ein historisch bewegtes Panorama, in dem ich den weißen Terror und unseren Freund Héjjas entsprechend gewürdigt habe. Es ist mir gut gelungen. Dann habe ich auch bei einer Regie für ein Tageshonorar von 8.000 Kronen mitgearbeitet, das war für mich damals auch eine große Summe. Ich habe das Handwerk der Regie einigermaßen gelernt und in den Betrieb der Filmproduktion hineingeschaut, habe mir das ,Stoff-Gefühl' verschafft, um danach, wenn ich wirklich Filme schreiben will, schreiben zu können. Und ich habe einen der merkwürdigsten Halunken der Boheme kennen gelernt: den Chefregisseur und Filmorganisator Haupt­mann Löwenstein, der meinen Habsburg-Text zerstört hat. Doch gab er gleich auch einen anderen Text bei mir in Auftrag, dann hatte ich mit diesem zu tun, danach bestellte er einen dritten - doch mit der Regie verdirbt er das Ganze, es wird zu einem sinnlosen Quatsch (es scheint, selbst beim Kino ist das mein Schicksal)."41 Damit kommen die Aufträge in Gang: ..... ich muss noch zwei Kinostücke schreiben. Eins für Löwenstein und eins für russische Genossen, die es als Vorwand für eine legale Reise brauchen. (...) Ich saß lange im Café Filmhof, wo ich mit Haupt­mann Löwenstein und vielen garstigen Filmleuten (mit dem rundköpfigen russischen konterrevolutionären Emigranten, Dr. Martow) zusammen war. Ich habe ihm einen neuen Filmtext geschrieben (Der grosse Unbekannte). Ich habe die Motive eines schlechten englischen Romans solange gedreht und gewendet, bis kein Moment mehr an das Original erinnerte, und wir haben die Geschichte im heutigen Russland spielen lassen. Dann bekam ich einen dritten Auftrag von ihm. Das ist eine der vielen an mir vorbeirauschenden Möglichkeiten, mit dem Kino durch eine nebensächliche Begabung meinerseits ordentlich Geld zu verdienen, die nichts von mir aufzehrt und mir wenig Zeit raubt. (Denn eine solche Geschichte diktiere ich denen aus dem Stehgreif in die Maschine - bewundernswert, wie ich so einfältig erzählen und in Bildern sehen kann.) Aber das bedeutete viele Gespräche im Kaffeehaus, viel Warten und das Spä­hen nach einer Gelegenheit (viel Zeit).”42 Im Herbst 1922 produziert er die Synopsen bereits am laufenden Band, sodass er beinahe vor sich selbst fliehen muss. „Währenddessen habe ich außer dem Himmelblau-Märchen, das ich in unserem eigenen Gärtchen unter einem kleinen Birnbaum geschrieben habe, nichts gemacht, obwohl ich in einem nervenaufreibenden Tempo gearbeitet habe: Fürs Kino. (...) Für Löwenstein habe ich einen Film gemacht: ,Der Unbekannte in Petersburg’ - den hat er gedreht, aber er hat ihn vollkommen zerstört, so wie den Habsburg-Film. Dann habe ich ihm einen wirklich hervorragenden Film geschrieben: ,Der fremde Reiter’. Von dem hat er mir leider keine Kopie gegeben, also habe ich kein Manuskript. Er hat ihn auch nicht gedreht, und ich weiß nicht, was er mit 149

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