Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Hedvig Újvári: Deutschsprachige presse in Ungarn nach 1867

Die Geschichte des Ungarischen Lloyd ist - wie bereits erwähnt - mit der seines Konkurrenten, des Pester Lloyd, eng verbunden.15 Die Redakteure des neuen Organs betonten, dass auch ihre Leser nicht auf die eingehende Berichter­stattung in den Bereichen Handelswesen, Gewerbe und Landwirtschaft verzichten müssten. Auch das Ressort Politik sowie das Feuilleton sollten unverändert bleiben und die literarischen Beziehungen jenseits der Leitha weiterhin ge­pflegt werden. Das neue Tageblatt, das sich selbst gerne als politisch-kommerzielles Organ bezeichnete, hielt sich dem Pester Lloyd auch, was das Feuilleton und die Fortsetzungsromane anging, durchaus für gewachsen. Bezüglich der Feuil­letonautoren ist kein gravierender qualitativer - wohl aber quantitativer - Unterschied zwischen den beiden Blättern festzustellen: Die bedeutendsten Journalisten wie etwa Ludwig Hevesi, Sigmund Schlesinger, Adolf Silberstein, Albert Sturm, Ignaz Deutsch oder Adolf Dux arbeiteten für beide Organe. Den kulturellen Höhepunkt bedeutete die Zeit zwischen 1872 und Oktober 1873, da in diesem Zeitraum die bereits erwähnte thematische Beilage Zeitung für Kunst, Theater und Literatur unter der Redaktion von Adolf Dux und Adolf Silberstein erschien.16 Der in der linken Mitte orientierte Neue Freie Lloyd wird in der ungarischen Pressegeschichte als ein Organ von Mór Jókai eingeordnet, dessen Redakteur Eduard Horn (1825-1875) war.17 Vor allem war die Zeitung als deutschspra­chiger Gegenpol zum regierungsnahen Pester Lloyd gedacht. Die erste Nummer des Blattes erschien am I. Juni 1869. Laut Programm deklarierte sich die Zeitung als Parteiorgan, vor allem sprach sie sich gegen den Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn aus. Als journalistische Ziele formulierte Jókai, das Hauptaugenmerk des Organs gelte besonders den Wirtschaftsfragen, den Börsennachrichten, den in- und ausländischen Begebenheiten sowie dem Feuilleton. Einige Monate nach dem Erscheinen wurde die Herausgabe einer illustrierten Sonntagsbeilage ge­plant, die der Verbreitung der ungarischen Literatur dienen sowie über die jüngsten Publikationen in der Weltlitera­tur berichten sollte. Auch Jókais folgender Roman Schwarze Diamanten wurde angekündigt. Bald kursierten aber Gerüchte über die Einstellung des Blattes. Die Eigentümer des Organs erwogen diese Frage in einer Sitzung am 9. Januar I 870. Die Untersuchung ergab, dass neben dem moralischen Erfolg des Blattes auch die Finanzen zufrie­denstellend waren, doch mit Gewinn könne erst nach anderthalb Jahren gerechnet werden. 1870 erfolgte aber zeitweilig die Einstellung der Abendausgabe. Ab Sommer 1870 gelangte die Zeitung in den Besitz von Eduard Horn, der sie nur als Morgenausgabe herausgab. Allerdings konnte er sich als Eigentümer und Chefredakteur nicht einmal ein volles Jahr an der Spitze des Blattes halten. Im März I 871 gab er bekannt, dass er sich infolge seiner politischen Aufgaben und der prekären wirtschaftlichen Lage des Blattes sowie der überwiegend konservativen Einstellung der hauptstädtischen deutschsprachigen Bevölkerung eher dem jókaischen Blatt A Hon [Die Heimat] und damit der 100

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