Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Hedvig Újvári: Deutschsprachige presse in Ungarn nach 1867
Die Unstimmigkeiten, die sich in den Jahren 1866/67 zwischen der Redaktion und dem Zeitungsausschuss der Lloyd-Gesellschaft entwickelt hatten, führten schließlich zum Bruch. Die Redaktion trennte sich samt Vertrieb von der Gesellschaft und gründete ihre eigene Zeitung: Ungarischer Lloyd. Um das Fortbestehen des Pester Lloyd zu sichern, verhandelte die Handelsgesellschaft mit mehreren namhaften Journalisten und Politikern über den Posten des Chefredakteurs. Allerdings war sie nicht sehr erfolgreich, und so entschied der Zeitungsausschuss der Gesellschaft schließlich, den berühmten Journalisten Dr. Max Falk (1828-1908), der sich als Wiener Korrespondent ungarischer Zeitungen bekannt und beliebt gemacht hatte, für den Posten zu gewinnen. Der Kandidat sagte zu, und damit nahm ein neues Kapitel in der Geschichte des Pester Lloyd seinen Anfang. Falk fasste sein Hauptbestreben in drei Zielsetzungen zusammen: Unbefangenheit, patriotischer Wille und Förderung des Wohlstandes in Ungarn. In diesem Sinne wollte er sich an der Spitze eines in deutscher Sprache erscheinenden ungarischen Blattes behaupten. Eine seiner Hauptaufgaben sah Falk darin, die Spitzenkräfte der Publizistik für sein Blatt zu gewinnen, was ihm auch durchaus gelang. Diese Tatsache trug sichtlich dazu bei, dass das geistige Niveau und damit auch das Ansehen des Blattes Zunahmen. Der Pester Lloyd entwickelte sich innerhalb der deutschsprachigen Presse Ungarns zum führenden und meinungsbildenden Blatt. Es handelte sich um eine ungarische Zeitung in deutscher Sprache, die sich verstärkt an das deutschsprachige Ausland richtete, es sollten die Leser informiert werden, die über die Verhältnisse in Ungarn nur durch die nicht immer unvoreingenommene Berichterstattung ausländischer, meist ungarnfeindlicher Wiener Blätter unterrichtet waren. Der Pester Lloyd hatte sich zum Ziel gesetzt, ein Blatt zu sein, das „in ruhiger, aber entschiedener Sprache, überall, wo es Noth thut, für die Ehre und das Interesse Ungarns eintritt“.13 Falk selbst zählte seine Zeitung zu den Organen, die in Europa Rang und Namen hatten. Aus literaturhistorischer Perspektive ist es dem Pester Lloyd als großes Verdienst anzurechnen, dass er besonders unter der Chefredaktion von Falk stets bemüht war, Werke ungarischer Literatur im Ausland bekannt zu machen. Hervorzuheben ist die Veröffentlichung der Romane von Mór Jókai, denn zwischen I 867 und I 875 wurden auf den Seiten der Zeitung acht seiner epischen Werke in guter Übersetzung veröffentlicht. Andererseits vermittelte das Blatt seinen Lesern die neuesten Produkte der Weltliteratur: Werke von Friedrich Spielhagen, Leopold von Sacher- Masoch, Hieronymus Lorm, Peter Rosegger, Karl Emil Franzos, Emile Zola, Victorien Sardou, Jules Verne, Wilkie Collins usw. wurden auf diese Weise in Ungarn verbreitet.14 99