Kapronczay Károly szerk.: Orvostörténeti Közlemények 186-187. (Budapest, 2004)
KÖZLEMÉNYEK — COMMUNICATIONS - DINGES, Martin: Beitine von Amim (1785-1859), eine für die Homöopathie-engagierte Patientin. Handlungsräume in Familie, Landgut und öffentlichem Raum/Politik. - Bettine von Arnim (1785-1859), egy, a homeopátia iránt elkötelezett páciens. Tevékenységi körök a családban, a gazdaságban és a közéletben/politikában
jungen Königs wird gegen Ende des Briefes in den spitzen Bemerkungen über Uniformen und Wohlleben am Hof überdeutlich. Diese dezidiert politische Bewertung der Homöopathie mag uns überraschen. Sie ist das Zwischenergebnis der Lebenserfahrung der Berliner Autorin und Salonicre Bettine von Arnim (1785-1859), einer ganz besonderen Patientin des 19. Jahrhunderts. Als Kind der wohlhabenden Frankfurter Kaufmannsfamilie Brentano verkehrte sie schon dort in den besten Kreisen, u.a. bei der Familie Goethe. 3 1834 publizierte sie ein Buch über ihre Bekanntschaft mit Goethe, das sie mit einem Schlag berühmt machte. Als Dreiundzwanzigjährige verbrachte sie ein Jahr in Landshut, wo ihr Schwager, der spätere preußische Gesetzgebungsminister (Friedrich Carl von Savigny 1779-1861) als Professor einen Kreis aufstrebender Studenten um sich versammelte. Mit 26 Jahren heiratete sie 1811 den Dichter der Romantik Achim von Arnim und lebte mit ihm bis 1814 in Berlin. 4 Dann zogen beide aus Geldmangel und politischer Frustration auf das Gut Wiepersdorf (80 km südsüdwestlich von Berlin). Achim blieb dort - teilweise aus Sparsamkeit, teilweise aus Vorliebe für das Landleben - während Bettine mit den Kindern bald wieder zumeist in Berlin wohnte. Dies hat uns einen über 20 Jahre geführten Briefwechsel der Eheleute beschert, der auch viele Gesundheitsfragen der beiden Haushalte betrifft. Später korrespondierte Bettine mit ihren Kindern. Die Kontakte der Jugend- und „Studien"-zeit hielt sie teilweise bis zum Lebensende, so daß weitere Briefwechsel als Quellen ausgewertet werden konnten. In der preußischen Hauptstadt führte Bettine, insbesondere seit Erscheinen des Goethebuches (1834), ein überaus „offenes Haus", in dem neben Literaten wie der PetőfiÜbersetzer Kertbeny sowohl die Vertreter der herrschenden Schicht als auch viele kritische junge Leute verkehrten. Wie ein Magnet zog sie sehr unterschiedliche Personenkreise an. Die Geselligkeit in ihrem Hause wurde allerdings von der zunehmenden Politisierung Mitte der 1840er Jahre tangiert: 1848 zogen es zwei ihrer Töchter vor, einen eigenen königsfreundlichen Salon zu eröffnen, während bei der Mutter republikanisch und sozialkritisch Gesinnte bis hin zu dem Kommunisten Bruno Bauer aus- und eingingen. Die Besonderheit dieser Patientengeschichte liegt nun einerseits in der exzeptionellen Autorin, andererseits in der exzellenten Überlieferung. Selten haben wir die Chance, für eine einzelne Person und die folgende Generation über viele Jahrzehnte hinweg Informationen zum medikaién Verhalten - von der Gesundheitsvorsorge über Krankenrolle, Selbstmedikalisierung, Patientennetzwerke, Wahrnehmung und Inanspruchnahme des medizinischen Angebotes bis hin zu dessen grundsätzlicher Bewertung - kontinuierlich verfolgen zu können. 5 In Erweiterung der bisherigen Patientengeschichte möchte ich Bettine 3 Schultz, H.: Die Frankfurter Brentanos. Stuttgart, 2001 ; FDH. 4 FDH, 63 ff. Zu den Wohnorten s. Lemm, U.: Die Wohnorte Bettina und Achim von Arnims in Berlin. Internat. Jahrbuch der Bettina von Arnim Gesellschaß, 5.(1993) 104-118. 5 Zur Patientengeschichte s. Wolff, F.: Perspectives on Patients' History. Methodological Considerations on the Exemple of Recent German-Speaking Literature. Canadian Bulletin of the History of Medicine, 15.(1998) 207228; sowie Stolberg, M.: Homo patiens. Krankheits- und Körpererfahrung in der frühen Neuzeit. Köln, 2003; zur Patientengeschichte und Homöopathie s. Dinges, M. (Hrsg.): Patients in the History of Homoeopathy. Sheffield, 2002, mit weit. Nachweisen ders.: Männlichkeitskonstruktion im medizinischen Diskurs um 1830. Der Körper eines Patienten von Samuel Hahnemann. In: Martschukat, J. (Hrsg.): Geschichte schreiben mit Foucault. Frankfurt M. 2002. 99-125.