Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 93-96. (Budapest, 1981)

TANULMÁNYOK AZ ÓKORI MEDICINA KÖRÉBŐL - Harig, Georg: Az antik orvosi deontológia társadalmi vonatkozásai (német nyelven)

Ein interessanter Hinweis rindet sich bei Ktesias von Knidos, der um 400 als Leibarzt am persischen Hof wirkte und in seinem Geschichtswerk über Persien folgende Anekdote über seinen Vorgänger, Apollonides von Kos, erzählt. Apollonides habe Amytis, die Witwe des Satrapen Megabyzos, begehrt und ihr, als sie krank wurde, Geschlechtsver­kehr mit der Begründung empfohlen, bei ihrer Krankheit handle es sich um eine Erkran­kung der Gebärmutter. In der Folgezeit habe er Beziehungen zu ihr unterhalten, sie jedoch wieder verlassen, als sie immer schwächer wurde. Diese hätte sich schließlich ihrer Mutter anvertraut und sie gebeten, für die Bestrafung des Apollonides Sorge zu tragen. Die Mutter habe sich deshalb an den Großkönig gewandt und ihm unter aus­drücklichem Hinweis darauf, daß der Arzt ihre Tochter aus Hochmut verlassen habe, die ganze Geschichte erzählt. Daraufhin habe der Großkönig ihr die Durchführung der Bestrafung überlassen, und sie habe den Apollonides zunächst ins Gefängnis werfen und ihn dann, als ihre Tochter gestorben war, lebendig begraben lassen. 26 Es erscheint bemerkenswert, wie diese Geschichte erzählt wird. Offenbar finden weder Ktesias noch die Beteiligten etwas dabei, daß Apollonides als Arzt mit seiner Patientin Geschlechtsverkehr hatte. Die von diesem empfohlene Therapie befand sich in Über­einstimmung mit den Vorstellungen der griechischen Ärzte dieser Zeit, und Ktesias berichtet expressis verbis, daß die Bestrafung deswegen erfolgte, weil Amytis sich an ihrem Liebhaber rächen wollte, nachdem sie von ihm verlassen worden war. Er enthält sich auffälligerweise jeder moralischen Wertung, und so drängt sich der Schluß auf, daß weder für Apollonides noch für Ktesias, die als Angehörige der koischen bzw. der knidischen Ärzteschule die beiden wichtigsten griechischen medizinischen Schulen dieser Zeit vertraten, der geschlechtliche Umgang mit den Patienten im Sinne des Eides einen Verstoß gegen die ethischen Grundsätze des ärztlichen Handelns bedeutete. 27 Wenn es aber, wie der Bericht des Ktesias erkennen läßt, zutrifft, daß die ethischen Forderungen des Eides weder von den Ärzten von Kos noch von denen von Knidos insgesamt als verbindlich betrachtet wurden, so bestätigt das zwar die von uns bereits oben geäußerte Ansicht, daß die Eidesleistung als Institution angesichts der Heterogeni­tät der Vertreter des ärztlichen Berufes in der Antike bestenfalls ein zeitlich und lokal begrenztes Phänomen gewesen sein kann, gleichzeitig wird aber nur um so deutlicher, daß sich weitere sichere Aussagen über Art und Umfang der Verbreitung dieses Doku­ments als unmöglich erweisen. Denn da wir durch Ungunst der Überlieferung über die Geschichte der antiken medizinischen Schulen nur in groben Umrissen unterrichtet sind, wäre der Versuch jeder weiteren Festlegung reine Spekulation. 28 Es belibt jedoch der Umstand, daß der Eid dieselbe Einstellung zum Patienten wider­spiegelt wie die hippokratische Medizin, daß er denselben Geist atmet wie sie und daß er sich an denselben Zielstellungen orientiert. Und das macht es verständlich, warum er in der Folgezeit mit dem Namen des Begründers der neuen wissenschaftlichen grie­chischen Medizin in Verbindung gebracht werden konnte. Im höheren Sinne war das zweifellos berechtigt, vielleicht entsprach es aber sogar auch der historischen Realität. 26 Die Fragmente der griechischen Historiker, hrsg. von F. Jacoby, Bd. III 1, Leiden 1958, S. 467, 28—468,6. 27 Vgl. dagegen die Deutung dieser Stelle von K. Deichgräber, Eid, S. 29f, der bei seiner Inter­pretation davon ausgeht, daß Ktesias gegen das Verhalten des Apollonides Anklage erheben wollte. 28 Siehe die nüchterne Interpretation von F. Kudlien, der dabei zwar zu Schlußfolgerungen gelangt, die wir nicht teilen, dessen Vorgehen in dieser Frage jedoch dem unsrigen prinzipiell entspricht.

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