Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 93-96. (Budapest, 1981)
TANULMÁNYOK AZ ÓKORI MEDICINA KÖRÉBŐL - Harig, Georg: Az antik orvosi deontológia társadalmi vonatkozásai (német nyelven)
dem für sie zugleich etwas darstellten, mit dem sie sich auseinandersetzen mußten. Denn der Bürger, der in seinem täglichen Leben gewohnt war, über die politischen Geschicke seiner Polis mitzuentscheiden, entwickelte und besaß ein Selbstbewußtsein, das ihn im Verkehr mit seinem Arzt zu einer unabhängigen Haltung motivieren mußte, ihn Forderungen an diesen Arzt stellen ließ und Ursache dafür bildete, daß er die Respektierung der privaten Belange seiner Person und der seiner Angehörigen als sein Recht erwartete und voraussetzte. Und umgekehrt mußte ein Arzt, für den als Polisbürger die politische Gleichberechtigung eine Selbstverständlichkeit oder zumindest eine wohlvertraute Angelegenheit war, die Haltung, Forderungen und Erwartungen, mit denen der Kranke ihm entgegentrat, als natürlich empfinden, so daß er sein Verhalten danach einrichtete und seine Schüler entsprechend unterwies. Es kommt noch etwas hinzu. Auf die Entstehung der neuartigen Arzt-Patient-Beziehung dürfte sich neben den politisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten und den aus ihnen resultierenden zwischenmenschlichen Umgangsformen auch jene geistige Strömung des 5. und 4. Jahrh. ausgewirkt haben, die in der neueren Forschung als sophistische Aufklärung bezeichnet wird. 22 Wenn man auch festzustellen hat, daß ihre Vertreter eine in der griechischen Gesellschaft neue und soziologisch sehr differenzierte Gruppe von Intellektuellen darstellten, 23 die mit Hilfe ihrer geistigen Fähigkeiten zumeist als Lehrer ihren Lebensunterhalt bestritten 24 und im einzelnen durchaus verschiedene Ansichten und Überzeugungen vertraten, so kann man doch gleichwohl sagen, daß sie alle insofern von den gesellschaftlichen Leitbildern ihrer Zeit ausgingen, als sie den Menschen, seine Interessen und Bedürfnisse, sein Verhalten und seine Sitten, in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen rückten. Das von ihnen theoretisch begründete Menschenbild mußte das von uns oben apostrophierte Selbstbewußtsein der Menschen dieser Zeit stärken und zum Gefühl der inneren Unabhängigkeit und Sicherheit des Patienten gegenüber dem Arzt ebenso beitragen wie zu dem Empfinden des Arztes, daß der von ihm behandelte Patient Achtung verdient. Selbstverständlich werden dieses Selbstbewußtsein des Patienten und dieses Empfinden des Arztes in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft des Patienten verschieden ausgeprägt gewesen sein. 25 Man darf indessen die sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich in diesem Zusammenhang nicht überbewerten, da sie die Beziehungen zwischen Arzt und Patient nur mittelbar betroffen haben. Denn die von den Ärzten der Armen und der Reichen vertretenen ethischen Prinzipien konnten deshalb dieselben gewesen sein, weil die armen und reichen Patienten als gesellschaftlich gleichberechtigt galten und weil diese Gleichberechtigung in den antiken Polisdemokratien bis zu einem gewissen Grade auch praktiziert wurde. Abschließend noch eine Bemerkung zum Problem der Verbreitung des Eides. Siehe W. K. C. Guthrie, A History of Greek Philosophy, vol. 3: The Fifth Century Enlightenment, Cambridge 1969, p. 48. Zu ihrer Charakterisierung vgl. E. Ch. Welskopf, Sophisten, in: Hellenische Poleis. Krise — Wandlung — Wirkung, hrsg. von E. Ch. Welskopf, Bd. IV, Berlin 1974, S. 1929—1936, und W. Nestle, Vom Mythos zum Logos, 2. Aufl., Stuttgart 1942, S. 249f. Bekanntlich haben die Sophisten für ihren Unterricht Honorar erhoben. Dasselbe ist bezeichnenderweise auch von Hippokrates überliefert (Plat., Prot. 311b), und um die Bezahlung des Honorars für den medizinischen Unterricht geht es offensichtlich auch im Eid, wenn es heißt, daß sie den Söhnen des Lehrers erlassen werden soll (Iusiur. 1 : CMG I 1, S. 4,7—9). Über die verschiedenen Haltungen gegenüber der Medizin vgl. die Darstellung der Platonischen Ansichten bei P. Lain-Entraleo, Die ärztliche Hilfe im Werk Piatons, Sudhoffs Archiv 46 (1962), 195—205.