Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 93-96. (Budapest, 1981)

TANULMÁNYOK AZ ÓKORI MEDICINA KÖRÉBŐL - Harig, Georg: Az antik orvosi deontológia társadalmi vonatkozásai (német nyelven)

nen mit dem Bestreben, uneigennützig helfen zu wollen, ja durchaus vereinbar. Das alles bedeutet aber, daß im Eid ein weiteres grundlegendes Moment zum Tragen kommt: die Tatsache nämlich, daß in der Arzt-Patient-Beziehung der Kranke und seine Interssen zum bestimmenden Element geworden sind und daß in diesem Verhältnis der Arzt und sein Patient als gleichberechtigte Partner angesehen werden. Mit anderen Worten, man kann davon ausgehen, daß die deontologischen Bestimmungen des Eides Forderungen reflektie­ren, die an die Medizin dieser Zeit gestellt wurden und die von der Überzeugung geprägt waren, daß der Mensch ein selbständig handelndes und sein persönliches Schicksal selbst bestimmendes Subjekt, daß er ein Individuum ist. Gerade diese Auffassung vom Menschen als Individuum, von der der Eid ausgeht, korrespondiert aber in auffallender Weise mit den grundlegenden Theorien der in dersel­ben Zeit entstandenen hippokratischen Medizin, sind doch sowohl ihr Physisbegriff wie ihre Krankheitslehre und Diätetik von dem Bestreben geprägt, den Menschen in seiner individuellen Besonderheit zu erfassen, ja diese Besonderheit zum Ausgangspunkt und zum Kriterium für die Richtigkeit der theoretischen Verallgemeinerung zu machen. Es ist in diesem Kreise überflüssig, auf Inhalt und Entwicklung des hippokratischen Physisbegriffs sowie der hippokratischen Krankheitslehre und Diätetik unter dem Ge­sichtspunkt der in ihnen enthaltenen individualisierenden Tendenzen einzugehen. 13 Es sei hier lediglich erinnert, daß der Physisbegriff von dem Gedanken der individuellen, sich von der der anderen Menschen unterscheidenden Körperkonstitution ausging, daß in der hippokratischen Krankheitslehre nach einer treffenden Formulierung von O. Temkin nicht die Krankheit, sondern das individuelle Kranksein im Mittelpunkt stand 14 und daß die hippokratische Diätetik mit ihren prophylaktischen Zielsetzungen sich als medizi­nische Voraussetzung für die geistige und soziale Selbstverwirklichung des Menschen verstand. Es wurde oben schon angedeutet, daß die Entstehung der Vorstellung von der Not­wendigkeit, die Person des Patienten im Rahmen des Arzt-Patient-Verhältnisses zu schützen, und die Überzeugung, daß der Arzt und sein Patient gleichberechtigte Partner in dieser Beziehung sind, einander bedingen, da man davon ausging, daß jeder Mensch als ein sein persönliches Schicksal selbst bestimmendes Subjekt anzusehen ist. Eine derartige Überlegung ist in der Tat in der archaischen griechischen Gesellschaft ebenso­wenig denkbar wie in den altorientalischen Hochkulturen, in denen die Menschen in festgefügte Ordnungen eingebunden erscheinen und in denen eine individuelle Äußerung­außerhalb der genormten Ideale nicht vorstellbar ist. Das Bild änderte sich mit der Ent­wicklung der Polis — war es zunächst bezeichnenderweise die Tyrannis, die ihren Ver­tretern den Rahmen für die Entfaltung ihrer selbst und die Möglichkeit zu einer neuen Art der Selbstverwirklichung bot, so waren es später die demokratischen Verfassungen, welche die aus der Zunahme der Warenproduktion und der Ausbreitung des Geldverkehrs abgeleitete Ansicht zum Ausdruck brachten, daß die Gesellschaft als Gemeinschaft von gleichwertigen Individuen zu verstehen ist. Der Mensch rückte damit zum ersten Mal in der Geschichte als ein politisches Individuum aus der Anonymität in den Mittel­punkt des gesellschaftlichen Geschehens, dessen Gestaltung er bewußt in Angriff nahm. 13 Siehe dazu zuletzt J. Kollesch, Vorstellungen vom Menschen in der hippokratischen Medizin, in: Der Mensch als Maß der Dinge. Studien zum griechischen Menschenbild in der Zeit der Blüte und Krise der Polis, hrsg. von R. Müller, Berlin 1976, S. 269—282. 14 O. Temkin, Der systematische Zusammenhang im Corpus Hippocraticum, Kyklos 1 (Leipzig 1928), S. 14.

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