Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 93-96. (Budapest, 1981)

TANULMÁNYOK AZ ÓKORI MEDICINA KÖRÉBŐL - Harig, Georg: Az antik orvosi deontológia társadalmi vonatkozásai (német nyelven)

in derselben Periode erfolgende und in einem auffallenden Kontrast zu diesem Schweigen stehende ständige Auseinandersetzung mit den anderen Schriften des Corpus Hippocra­ticum nahegelegt wurde —, schien ihnen bekräftigt (4) zum einen durch die uns überlieferten Nachrichten über das Verhalten einzelner Ärzte, die sich mit der Vorstellung, der ärztliche Berufsstand habe sich als solcher dem Eid verpflichtet gefühlt, nicht in Einklang bringen ließen, 6 sowie (5) zum anderen durch die Arbeit von R. Hähnel, die schon für die hippokratische Zeit Beweise für den von Ärzten vorgenommenen Abort und damit für den esoterischen Charakter des Eides liefern zu können glaubte. 7 Die Deutungen der genannten Autoren mußten demzufolge bei aller Verschiedenheit im Detail zu demselben Grundergebnis führen und die Exklusivität des Eides in der einen oder anderen Form bestätigen. Dieses Grundergebnis wurde jedoch im Jahre 1972 durch eine Untersuchung von D. Nickel in Frgae gestellt, der, ausgehend von dem im Eid ausgesprochenen Verbot, Abor­tiva zu verabreichen, das Corpus Hippocraticum erneut auf das Problem des Schwanger­schaftsabbruchs hin durchsah und dabei feststellen konnte, daß die hippokratischen Ärzte sich bis auf einen durch die soziale Ausnahmesituation bedingten Sonderfall 8 offensicht­lich allgemein an dieses Verbot gehalten haben. 9 Damit wurde die Diskussion auf eine prinzipiell neue Grundlage gestellt und das Problem der Gültigkeit des Eides erneut auf­geworfen. Ich glaube, daß bei dem Versuch, dieses Problem zu lösen, mehrere Aspekte unter­schieden werden müssen. Zunächst wird es notwendig sein, zu klären, wer in der Antike mit diesem Eid angesprochen werden sollte bzw., genauer formuliert, ob es eine in sich geschlossene soziale Zielgruppe gegeben hat, innerhalb derer der Eid Anwendung finden konnte, da nur auf diese Weise das Problem der eventuellen Verbindlichkeit der Eides­leistung als Institution verständlich zu machen ist. Es ist weiterhin unerläßlich, nach den im medizinischen Bereich wurzelnden gemeinsamen Grundvorstellungen im Eid und im Corpus Hippocraticum zu suchen, und schließlich hat man sich, wenn solche Gemein­samkeiten nachzuweisen sind, zu fragen, welche gesellschaftliche Situation und welche geistigen Strömungen sie widerspiegeln. Einige Mißverständnisse sind in der bisherigen Forschung offensichtlich dadurch entstanden, daß man unter Zugrundelegung nachantiker Entwicklungen in den Ange­hörigen des Arztberufes in der Antike mehr oder weniger bewußt Vertreter eines in sich abgegrenzten, homogenen Berufsstandes sah. Nur so sind die immer wieder angestellten Versuche zu erklären, diejenigen Ärzte oder Ärzteschulen ermitteln zu wollen, für die der Eid in ähnlicher Weise gültig war wie in den Jahrhunderten seit dem Hochmittelalter, und nur so wird das Dilemma verständlich, das bei dieser Sicht aus der Tatsache entsteht, daß der Eid in der Antike selbst praktisch unbeachtet blieb. Für eine derartige Betracht­ungsweise besteht jedoch keinerlei Berechtigung, wissen wir doch, daß weder die ärztliche Ausbildung noch die Zulassung zum Arztberuf und dessen Ausübung in der Antike vom Staat in irgendeiner Weise geregelt und kontrolliert wurden, so daß die Skala der in diesem Beruf Tätigen vom Scharlatan bis zum wissenschaftlich ausgebildeten Arzt reichte. c Vgl. dazu in erster Linie D. Gourevitch, Suicide among the Sick in Classical Antiquity, Bull. Hist. Med. 43 (1969), 505—509. 7 R. Hähnel, Der künstliche Abortus im Altertum, Sudhoff s Archiv Gesch. Med. Nat. 29 (1936), 235—237. 8 D. Nickel, Ärztliche Ethik und Schwangerschaftsunterbrechung bei den Hippokratikern, NTM9 (1972) 1, 77—79. 9 Ibid., 79f.

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