Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 93-96. (Budapest, 1981)
TANULMÁNYOK AZ ÓKORI MEDICINA KÖRÉBŐL - Harig, Georg: Az antik orvosi deontológia társadalmi vonatkozásai (német nyelven)
SOZIALE ASPEKTE DER ANTIKEN MEDIZINISCHEN DEONTOLOGIE GEORG HARIG Die deontologischen Auffassungen des in der hippokratischen Schriftensammlung: überlieferten Eides haben im wesentlichen bis heute ihre Gültigkeit behalten. Bedenkt man, welche Entwicklung die Medizin in den vergangenen 2500 Jahren genommen hat, macht man sich klar, daß der Inhalt der antiken Medizin mit der unserer Zeit kaum noch verglichen werden kann, und hält man sich besonders vor Augen, daß diese ethischen Auffassungen seit der Antike von allen Gesellschaftsformationen ohne Widerspruch als verbindlich akzeptiert worden sind, dann wird man zugeben müssen, daß die Tatsache der unveränderten Gültigkeit der antiken medizinischen Déontologie 1 ein erstaunliches Phänomen darstellt, dem in der Kultur- und Geistesgeschichte der Menschheit nur wenige Parallelen an die Seite gestellt werden können. Aus diesem Grunde erscheint die immer wieder aufflammende Auseinandersetzung um den Stellenwert dieser Déontologie in der Antike selbst nicht nur gerechtfertigt und verständlich, sondern auch notwendig, kann doch nur die Klärung ihrer Entstehung und ihrer Bedeutung in der Antike ihr auffallend nachhaltiges Weiterwirken begreiflich machen. Eine Erklärung, welche die Gewichtigkeit und das Weiterleben der antiken Déontologie aus der Tatsache ableiten wollte, daß die antike Heilkunde, die erste wissenschaftliche Medizin der Menschheit, zum Ursprung und zur Quelle der nachfolgenden Entwicklung der Medizin als Wissenschaft geworden ist,, eine Erklärung also, die die Bedeutung des Eides lediglich auf die Tradition zurückführen würde, wäre letztlich ebenso unbefriedigend wie etwa die Deutung dieser Déontologie als eines überzeitlichen Denkmalsder griechischen (piÀccv&QcoTiict^d&r Menschenfreundlichkeit. Denn der Umstand, daß sich die gesamte Entwicklung der wissenschaftlichen Medizin in Auseinandersetzung mit dem antiken Erbe vollzog, hat dazu beigetragen, daß dieses Erbe nicht konserviert, sondern im Hegeischen Sinne aufgehoben wurde, und eine Interpretation, die davon ausgeht, daß die Formulierung der antiken deontologischen Grundsätze als eine Äußerung des griechischen Geistes angesehen werden müßte, läuft im Prinzip auf den Verzicht einer Eklärung aus historischen Gegebenheiten hinaus und ist deshalb, strenggenommen, ahistorisch. 1 Vgl. M. Bachmann, Die Nachwirkungen des hippokratischen Eides. Ein Beitrag zur Geschichte der ärztlichen Ethik, Med. Diss. Mainz 1952. Siehe auch E. Hirschfeld, Deontologische Texte des frühen Mittelalters, Arch. Gesch. Med. 20 (1928), 353—371; L. C. McKinney, Medical Ethics and Etiquette in the Early Middle Ages. The Persistance of Hippocratic Ideals, Bull. Hist. Med. 26 (1952), 1 — 31, sowie W. Wiedemann, Untersuchungen zu dem frühmittelalterlichen medizinischen Briefbuch des Codex Bruxellensis 3101—15, Med. dent. Diss. Berlin 1976. Vgl. hier und im folgenden zusätzlich die erweiterte Fassung dieses Aufsatzes im Philologus 122 (1978), 157—176.