Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 83-84. (Budapest, 1978)

LECTURIS SALUTEM - Antall József: Semmelweis betegsége és halála (magyar és német nyelven)

All diese bisher vorgezählten Standpunkte — die Beiseitelassung der Fragen der Krankheit und des Todes; die taktvollere Darstellung der Krankheit mit Hilfe von unbeweisbaren oder nicht vollkommen bewiesenen Tatsachen; die ausführliche und analytische Aufdeckung der vollen Wahrheit — sind unserer Meinung nach an und für sich anständig und von ehrlicher Absicht. Wo beginnt also das Überschreiten der Grenzen der Anständigkeit? Dort, wo man bewiesene und klargelegte Quellen unbeachtet einer falschen Bewertung stattgibt. Dort, wo man unbeweisbare Vermutungen als bewiesene Tatsachen darstellt. Wo man mit unbewiesenen oder absolut unbeweisbaren Behauptungen wissenschaftliche Fra­gen in ein falsches Licht stellt und Semmelweis' Zeitgenossen unbegründet anklagt. Eine klare Bewertung der verschiedenen Ansichten kann nur auf dem Unterschied basieren, der zwischen den eindeutig gerechtfertigten und den eindeutig abzulehnenden Annahmen besteht, bzw. zwischen den Annahmen, die aufgrund des zur Verfügung stehenden Quellenmaterials wahrscheinlich gemacht werden können, und den viel­schichtigen Vorstellungen weiterer logischer Kombinationen. Wir wollen all diese Möglichkeiten der Reihe nach näher in Betracht nehmen. Die Frage, was nach der Auffassung der verschiedenen Zeitalter öffentlich zu be­handeln oder taktvoll zu verschweigen ist, gehört in Grunde genommen nicht zum Bereich der Ethik, sondern eher zu dem der Etikette, wo nicht die wissenschaftliche Methodik sondern der jeweilige „gute Geschmack" maßgebend ist. Dasselbe bezieht sich auf die mit journalistischen Wendungen reklamartig geschriebenen Werke. Wir rechnen mit der wissenschaftlichen Korrektheit und der dem Zeitalter und dem Lebens­alter angepaßten eigenen Fachetikette eines jeden Teilnehmers, wenn wir hier eine Möglichkeit bieten, die entgegengesetzten Standpunkte einer so lange diskutierten Frage, wie Semmelweis' Krankheit und Tod, zu entfalten. 2. Ignác Semmelweis' Krankheit und Tod geriet besonders damals in den Mittelpunkt des Interesses und der Debatten, als der Pathologe Prof. László Haranghy, der Psy­chiater Prof. Gyula Nyirö und der medizinhistorische Forscher Dr. Gyula Regöly­Mérei ihren Standpunkt auf dem Medizinhistorischen Kongreß zu Debrecen—Sáros­patak bekannt machten (Comm. ex Bibl. Hist. Med. Hung. 18. 1966.). Sie haben die Diagnose der progressiven Paralyse luetischen Ursprungs abgelehnt und Semmelweis' Geisteskrankheit als mit der tödlichen Sepsis zusammenhängendes septisches Delirium betrachtet. Im Hintergrund dieser Stellungnahme, die wir jetzt nur vereinfacht zu­sammengefaßt haben, standen natürlicherweise zahlreiche Detailbeobachtungen, eine ausführliche Analyse, eine entsprechende Gruppierung des Tatsachenmaterials und nicht zuletzt eine umfassende Fachtätigkeit. Die Verfasser wollten ihre Hypothese mit einer tiefgreifenden Forschungsarbeit und ausführlichen Untersuchung unter­stützen, als es nach der Exhumation von Semmelweis' Gebeinen (1963) eine Möglich­keit dazu gab. (Die Wiederbestattung erfolgte im Jahre 1964.) Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in einem Buch in ungarischer und deutscher Sprache veröffent­licht, wobei die Verfasser im wesentlichen den Inhalt ihrer früher gehaltenen Vorträge wiederholt zusammenfaßten.

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