Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)
SAAL 10. Ungarn im 18. Jahrhundert (Gábor Németh - Eszter Aczél)
15. Barocke Zunftlade der Pester Maurer, 1696 getretenen Veränderungen. Die Reliefverzierungen aus vergoldeten Kupferblechen stammen von der Turmuhr des einstigen Rathauses von Brassó (Brasov). Die Gefäße der bürgerlichen Haushalte waren aus Keramik, Zinn und Kupfer, in Oberungarn lebten die Traditionen der Habáner Keramik weiter. Um die Wünsche der Bürger und Adligen erfüllen zu können, wurden in den Gutszentren der Grundherren Fayence- und seit dem Ende des Jahrhunderts Steingutmanufakturen eingerichtet. Die in den Zünften der Städte organisierten Handwerker schufen die Goldschmiedestücke, und das Zinngeschirr preist die Arbeit der in den größeren Städten niedergelassenen Kannegießer. Zeugnisse einer gegenständlichen Umwelt und eines Lebensniveaus höherer Ansprüche sind die Apothekengefäße. Neben den Objekten des bürgerlichen Lebens zieht ein besonderer Tischschmuck den Blick auf sich. Auf einem barocken silbervergoldeten Sockel erhebt sich ein aus gediegenem Erz geformtes Bergwerk mit modellartigen Szenen der Bergwerksarbeiten. Die große Standuhr stammt aus Nagyszeben (Sibiu) in Siebenbürgen, sie ist mit vergoldeten Schnitzereien verziert und ist das Werk des örtlichen Meisters Edward Speer. Als nächstes steht der Besucher vor der reichen Sammlung des Handwerks. Das Zunftleben setzte sich im 18. Jahrhundert weiter fort, es nahm sogar innerhalb des traditionellen Rahmens neuen Aufschwung. Abgesehen von einigen Initiativen zur Gründung von Manufakturen war das Gewerbe - anders als in den höherentwickelten westlichen Regionen - auch weiterhin durch den Zunftrahmen gekennzeichnet. In der Friedenszeit entstanden eine nach der anderen neue Zünfte auch in den Dörfern und Marktflecken. Über die das alltägliche Leben versorgenden Gewerbezweige hinaus betrieb man in den größeren königlichen Freistädten auch ein stärker differenziertes Handwerk. Der aufgeklärte Absolutismus vereinheitlichte und beschränkte in gewissem Maße über den Statthaltereirat die Privilegien der Zünfte und trat gegen die Erstarrung in ihnen auf. Einzelne der Berufe mit großer Vergangenheit in Ungarn, wie das Goldschmiedehandwerk, waren in ganz Europa berühmt. Die Zunftzeremonien hatten stark religiösen Charakter und fanden in feierlichem Rahmen vor der offenen Zunftlade statt. Ein solches Prachtstück ist die mit barocken architektonischen Gliederungen verzierte Zunftlade der Pester Maurer (Abb. 15). In den Zunftladen bewahrten die Zünfte ihr Vermögen, ihre Wertgegenstände, ihre Privilegienbriefe und die zur Beglaubigung verwendeten Petschafte auf. Mittels der Zunfteinberufungstafeln lud man die Meister zur Sitzung ein. Die Zunftmitglieder überraschten die Zunft-