H. Kolba Judit szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 2 - Von der Staatsgründung bis zur Vertreibung der Türken - Die Geschichte Ungarns im 11.-17. Jahrhundert (Budapest, 1997)

SAAL 3 - Die Zeit Sigismund von Luxemburgs und János Hunyadis (1. Hälfte des 15. Jahrhunderts) (Etele Kiss - Ágnes Ritoók)

Residenz auf dem Niveau der europäischen Hofhaltung. Die im Zuge der Bauarbeiten Sigismunds entstandene Aufteilung hat sich bis zum Ende des Mittelalters kaum verändert. Vermutlich im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts entstand die 1974 in der Budaer Burg gefundene Gruppe von gotis­chen Statuen, das fast einzige Zeugnis der höfischen Kunst von europäischem Rang, das an Ort und Stelle verblieb. Die Apostel­statue, die burgundischen Vorbildern folgt, war Bestandteil einer Heiligenserie. Der Knappe gehörte zu einer anderen, den Hofstaat darstellenden Statuengruppe, der Schöpfung eines auch in der Umgebung von Wien tätigen Meisters. Bei der bedeutendsten Beratung des mittel­alterlichen Europa, dem 1414 einberufenen Konstanzer Konzil, präsidierte Sigismund als deutsch-römischer König. Neben der erfolgreichen Aufhebung der seit 1378 be­stehenden Kirchenspaltung unterblieb die Reform der Kirche: Johannes Huss und seinen Schüler Hieronymus von Prag schick­ten die Konzilsväter wegen ihrer Reform­lehren auf den Scheiterhaufen. Aus kultur­geschichtlicher Sicht schenkte Konstanz Ungarn die Möglichkeit der frühzeitigen Bekanntschaft mit dem Humanismus. Einer der bedeutendsten italienischen Humanisten auf dem Konzil, P. P. Vergerio, ließ sich in Ungarn nieder. Der hl. Ladislaus genoß schon unter den Anjoukönigen ganz besondere Verehrung. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ver-breitete sich seine Verehrung als Schutz­patron des Landes aufgrund der osmanischen Bedrohung und dann der Hussiteneinfälle noch mehr (s. Abb. 22). Schon Sigismund hatte 1406 beschlossen, sich am Ort des Kultus des Ritterheiligen, in Nagyvárad (Oradea); beerdigen zu lassen. Sein in der Türkenzeit durchwühltes Grab konnte auf­grund des inzwischen verlorengegangenen vollständigen Emblems des Drachenordens identifiziert werden. Die im Grab gefundene Krone stammt aus der Anjouzeit, die Grabin­schrift hebt die kaiserlichen Verdienste des Herrschers hervor. Der 1408 gegründete Ritterorden, der Dra­chenorden, diente neben der Verteidigung des Christentums auch dynastischen Zie­len: Da Sigismund keinen Sohn hatte, er­kannte der Orden das Erbrecht der Tochter des Königs, Elisabeth, auf den Thron an und ließ die Macht und den politischen Einfluß der damals in den Orden aufge­nommenen 20 Barone anscheinend erblich und nicht hinterfragbar sein. Da Sigismund und seine Nachfolger das Emblem des Drachenordens als Auszeich­nung verliehen, erscheinen das vollständige Ordensemblem oder einzelne seiner Ele­mente auf zahlreichen Gegenständen in ganz Europa. Unmittelbar auf Sigismund verweist der Drachen des Drachenordens auf einem der ausgestellten Prunksättel (Abb. 18). Diese herausragenden Kunstwerke demonstrieren höchst variabel die Ideale der höfischen Kultur jener Zeit: Neben dem Drachentöter, dem hl. Georg, Wunderwesen und mittelal­terlichen Stadtdarstellungen (Abb. 19) war ein zentrales Thema das ritterliche Liebes­ideal, die Courtoisie. Auf den Sätteln tauchen neben der in erster Linie von den französischen Hofbräuchen beeinflußten, sich schnell wandelnden Modekleidung und den Ritterrüstungen auch populäre Wilden- und Aktfiguren auf. KIRCHLICHE DENKMÄLER Vom Ende des 14. Jahrhunderts an verän­derte sich das Kircheninnere sehr. Die wichtigste Veränderung war die Verbrei­tung der Flügelaltäre in Ungarn. Sie stellten die Ereignisse im Leben Jesu und der Heiligen dar, mit besonderer Betonung der Leidensgeschichte Jesu. Auf mehreren aus­gestellten Kunstwerken erscheint das mit der Verehrung der Eucharistie verbundene Thema des Schmerzensmannes (Vir dolo-

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