Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Siedlungsweise und Wirtschaft

deckt. Diese liegen an den Ufern von ehemaligen Re­genbetten, wasserbedeckten Orten. Unter ihnen gab es 15, die als Siedlungzentren bestimmt werden kön­nen. 13-"' Trotz der Ähnlichkeit der Vegetation und des Kli­mas bot die Tiefebene keine solchen Bedingungen für die Wirtschaftsweise der Viehhaltung dar, wie das östlich der Karpaten liegende Steppen-, Waldstep­pengebiet. Dort legten die nomadischen Volksgruppen entlang der Flüsse ihre Tiere weidend, die Winter- und Sommerquartiere wechselnd auch mehrere hundert Kilometer zurück. In der Tiefebene war es nicht möglich. Das Gebiet war hier unvergleichbar kleiner, und die Täler waren längs der Flüsse ungangbar. Deshalb gab es dort keine echt nomadische Viehhal­tung, sondern neben dem Ackerbau war die weide wechselnde Viehhaltung heimisch. Die Bedingungen dafür waren besonders gut, da das Flachland und das Bergland einander ganz nahe lagen. Im Frühling weidete man das Vieh auf den höher liegenden gras­reichen Anhöhungen, während im trockenen Sommer auf den weit ausgebreiteten, naßen Wiesen der Überschwemmungsgebiete. Die gleiche Möglichkeit boten die von der Tiefebene in die Berge führenden breiten Flusstäler dar, die im Sommer für das Weiden ebenso geeignet waren. 136 Auch die Ausgrabungen und Feldbegehungen in der Gegend der Flüsse Körösök belegen, dass es in der Tiefebene in der Skythenzeit sowohl provisorische Quartiere, wie auch ständig bewohnte Siedlungen gab. 137 Die ersten sollen die Quartiere der Schäfer gewesen sein, die die Her­den von Weide zu Weide getrieben haben, während die anderen die Dörfer der Bevölkerung gewesen sind, die sich mit Ackerbau beschäftigte. Die Siedlungen, die Gräberfelder der Alföld­Gruppe befinden sich nicht nur im Flachland, sondern auch im Nördlichen Mittelgebirge. Die Mehrheit da­von liegt in Flusstälern. Die größte Siedlung wurde auf einem Hügelabhang im Tal des Tarján-Baches, der in den Fluss Zagyva mündet, in der Gemarkung der Stadt Salgótarján freigelegt. Hier kamen u. a. auch auf bedeutende Eisenverarbeitung hinweisende Funde, so Eisenerzstücke, Eisenschlacken in großer Menge, halbfertiges Schmelzeisen zum Vorschein. 138 Im Gebirgsland nördlich der Tiefebene kommt das Roheisenerz in größter Menge im Gebiet zwischen Miskolc und Kosice (Kassa, Kaschau), in den Tälern der Flüsse Sajó, Boldva und Hernád vor. Schon in 135 GYUCHA 2002, 59-88. 136 FODOR 2002, 18-37; Ders. 2006, 25. 137 Anm. 135. 13S VADAY 2001, 209-215; Dies. 2003, 31-37. 139 PATEK 1993, Taf. 29, 2. 140 MIROSSAYOVÁ 1994, 37-68. der Vorskythenzeit soll man mit der Eisengewinnung, -Verarbeitung auf der Oberfläche, oder mit der Gewin­nung von Raseneisenerz in kleiner Tiefe begonnen ha­ben. Ein Beweis dafür ist der Eisenklumpen, gefunden im Grab 52 des im nördlichen Teil der Tiefebene freigelegten Gräberfeldes von Mezőcsát. Die Metall­analyse stellte fest, dass es eine Luppenschlacke gewesen war. 139 Von der skythen- und keltenzeit­lichen Eisenverarbeitung dieser Region zeugen die Funde einer Eisenverarbeitungswerkstatt, die bei Cecejovce im nördlichen Tal des Boldva-Flusses freigelegt wurde. 140 Während der Feldbegehungen entlang der Flüsse Boldva und Sajó entdeckte man neun Fundorte von Eisenschlacken. Ein bedeutendes Zentrum der Eisenverarbeitung befand sich im Szend­ro-Becken des Flusses Boldva, wo vier Eisenschlac­kenfundorte gefunden wurden, die gewiß aus vormit­telalterlichen Zeit stammen. 141 In Szendrő stieß man u.a. auf eine skythenzeitliche Bestattung, in der es eine Eisenaxt gab (Taf. 177, 5). Vier Eisenäxte kamen aus einigen Gräbern zum Vorschein, die in der Nähe von Szendrő, in Meszes freigelegt wurden (Taf. 157, 1.7.9, Taf. 158, 7). Ebenfalls in dieser Region in Alsótelekes wurde ein skythenzeitliches Gräberfeld mit 184 Gräbern freigelegt (Taf. 132-143). Dieses Gräberfeld ragt durch sein reiches Eisenwaffenmaterial besonders guter Qualität aus der Reihe der Gräberfelder der Peri­ode hervor. Die Funde lassen darauf schließen, dass das Volk der Alföld-Gruppe an Eisenerz reiche wald­bedeckte Territorien der Gebirgsgegend in Besitz nahm, obwohl es dort die flachländische Wirtschaft nicht treiben konnte. Die oben erwähnten Gräber könnten die Bestattungen derjenigen Gemeinschaften gewesen sein, welche die Eisengewinnung und -Verar­beitung verteidigten. Die Eisenschmelzen und Schmieden der Gebirgsgegend sollen die Bevölkerung der Tiefebene mit halbfertigem Schmelzeisen, bezie­hungsweise mit fertigen Eisenwaffen, -geraten ver­sorgt haben. Von den Häusern der skythenzeitlichen Siedlungen können wir uns aufgrund mehrerer Ausgrabungser­gebnisse ein Bild schaffen. 142 An mehreren Fundorten wurden untiefe, unregelmäßig viereckige Gruben von 10 bis 20 Quadratmeter Grundfläche freigelegt, wel­che die in die Erde vertieften unteren Teile der Häuser gewesen sind (Gyál Fundort 7a; 143 Szolnok - Al­esi, 144 Caka. 145 ) Bei einigen dieser Häuser fand man an den zwei kürzeren Seitenwänden je ein Pfostenloch 141 CZAJLIK 2002, 5-14; Ders. 2003, 117-129; SZABÓ / CZAJLIK 2004, 135. 142 CZIFRA 2006, 169-178. 143 DINNYÉS 2001, 71. 144 CSEH 2001, 85. 143 Vi.ADÁR 1962, 125. Abb .1.

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