Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG - IV. DIE BESTATTUNGEN

aus einer ovalen (Durchmesser 440x460 cm, bzw. 420x320 cm) Grube mit muldenartigen Boden und aus einem sich verengenden, fortlaufend abschüssigen Eingangsteil (übereinstimmend 360 cm lang), dem „Dromos", der zu den Gruben führt. Die Längsachse ist SW-NO gerichtet. In der einen Grube (A) befanden sich zwei Bestattungen, in der anderen Grube eine (B). Sie lagen an der der Längsachse entsprechenden Stelle, in einer, mit der Achse beinahe übereinstim­menden SW-NO Orientierung, 50 bis 80 cm über dem Boden des Grabes. Alle drei Skelette lagen auf ihrer linken Seite. Die zentrale Bestattung des Grabes war ein 19 bis 21 Jahre alter Mann, und etwas später wurde von seinem Kopfe etwas weiter entfernt mit der gleichen Orientierung ein sechsjähriges Kind begra­ben. Vor der Beerdigung hatte man auf den Boden des Grabes sterilen Lehm gestreut. Bei beiden Bestattun­gen wurden Amulette aus Marmor und aus Quarzit ge­funden. In der Grube befanden sich bemalte und grobe Scherben, Tierknochen und in der Nähe des Eingangs mehrere hundert Schneckenhäuser. Das Grab B hatte die Leiche einer 40 bis 45 Jahre alten Frau mit ähnlichen, reichlicheren Beigaben auf­genommen. Neben viel Scherben und intakten Gefä­ßen gehörten ein anthropomorphes Miniaturgefäß, Schmuck aus Spondylusmuscheln, zwei Miniatur­steinäxte, einige Quarzitfragmente, Silexklingen­Fragmente, Ahlen aus Knochen, Tongewichte weiters Knochen von Haustieren und von Wild, Süßwasser­muscheln und etwa 7000 Schneckenhäuser zum Grab. Vor der rituellen Handlung hatte man im Grabe ein Feuer angezündet. Der Eingangsteil der Gräber war frei von Funden. Der Grabungsleiter sieht die nächstliegende Parallele in der Grube Z des Fundortes Vinca wo selbst die Orientierung von Grube und Eingang (Dromos) übereinstimmte. In Vinca fand M. Vasic in dem mehrere tausend Quadratmeter umfassenden, er­schlossenen „Wohngruben"-Horizont in einer einzi­gen großen Grube neun Bestattungen. Abgesehen von der Ähnlichkeit der außerordentlichen Struktur des Grabes war die gemeinsame Anwesenheit der neun Skelette im Grab auffallend. Vermutlich haben auch 160 zwei kleine Gefäße zum Grab gehört. Als Ergebnis der Durchforschung einer Fläche von etwa 600 m 2 hat A. Benac am Fundort Obre I im zentralen Teil der Siedlung acht Bestattungen gefun­den. 161 (Benac 1973, 347-363). Von diesen können vier als ordnungsmäßige Bestattungen angesehen werden. Vier Hockerbestattungen von Kindern lagen nahe bei einander auf ihrer linken Seite und in ver­schiedener Orientierung. Die Überreste der weiteren vier Skelette gehörten vielleicht eher zu einer Kult­stätte. In drei Fällen lagen die zerbröckelten Überre­ste der Menschenknochen mit Scherben, Tierknochen, geschliffenen Stein Werkzeugen, mit aus seltenen Steinen und Spondylusmuscheln gefertigten Amulet­ten zusammen da. Auf einer größeren Lehmfläche machte man ein Feuer an, und baute verschiedene Steinkonstruktionen, Steinringe. Den über die Überre­ste des einen Skeletts gebauten gebauten Steinhaufen wertet A. Benac als den ältesten Tumulus. In einem aus aufgestellten Steinen geformten Steinring befand sich das Skelett eines Kindes in sitzender Stellung. Um die Steinbauten herum lagen nicht nur Scherben und Tierknochen, sondern es gab da auch eingegrabe­ne Gefäße. Auffallend ist, daß an einem vier Skelett­überreste enthaltenden Kultort sechs Steinäxte und absichtlich eingegrabene, schön bearbeitete Steinklin­gen gefunden wurden. Neben dem sitzenden Kindes­skelett war die Beigabe eine aus Lehm gebrannte, fein bearbeitete Tonscheibe, sowie eine aus Stein geschlif­fene Scheibe, die der Forscher für die Nachahmung der Sonnenscheibe hält. Die Kultstätte hat vielleicht zur Darbringung von Menschen- und Tieropfern gedient, wie A. Benac annimmt. Nemeskéri hat am Fundort Obre I die Knochenüberreste von insgesamt 27 Individuan festgestellt. Diese Überreste bestanden oft nur aus je enem Knochenstück. Mit Ausnahme der Knochenteile von zwei Erwachsenen gehörten 92% der Knochenüberreste vor allem zu Kindern im Inf. I, zum kleineren Teil zu Kindern im Inf. II Alter. Da auch die Skelettüberreste von Kinderskeletten stamm­ten, vermutet Benac einen Zusammenhang zwischen den zerstückten Kinderknochen der Kultstätte und den in regelrechter Hockerstellung bestatteten Kinderske­letten. V. Lekovic vermutet eine ähnliche Tendenz zwischen der Bestattungsweise der „Kultstätte" Obre I und den außergewöhnlichen Bestattungen von Zlatara. Er denkt an einen Zusammenhang vor allem aufgrund des Reichtums und der Ähnlichkeit der Bei­gaben, des Lehmfundaments und der ähnlichen Funk­tion des Feuermachens, mit dem Unterschied, daß am Fundort Obre I der Stein in der Struktur der „Kultstät­te" aber auch bei den regelrechten Bestattungen eine grundlegende Rolle spielte, während am Fundort Zlatara wegen Mangels an Steinen diese Funktion wohl von einem anderen Material erfüllt wurde. Es besteht die Möglichkeit, daß vielleicht auch die Be­stattungen des Grubenkomplexes in Lánycsók einen ähnlichen Charakter hatten, wie die in Zlatara aufge­deckten Gräber. Darauf würde der Umstand hinwei­sen, daß die Bestatteten nicht am Grund der Grube lagen, daß auch hier viel Scherben und Tierknochen um sie herum lagen, daß eventuell die Tonscheibe die Beilage bildete. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, daß das Fragment eines mit Menschen­köpfen verzierten Altars im Grubenteil unter den Ge­rippen gefunden wurde, zusammen mit bemalten Scherben. Es hatte aber den Asnchein, daß der Gru­benkomplex in Lánycsók nicht so eindeutig für Be­stattungszwecke gegraben worden war, wie der in Zlatara. Aus dem gleichen Grubenkomplex ragte auch in Lánycsók ein Bohros hinunter. Lekovic vermutet aufgrund des eigenen und des Fundortes Vinca einen über dem Toten errichteten Aufbau, der dessen Haus symbolisierte. P. Raczky machte die Beobachtung (bei zwei Gelegenheiten), daß auf dem Gebiete der Körös-Kultur über dem Bestatteten Toten das Wohn­haus in Brand gesteckt wurde, damit es von den Le-

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