Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)
KATALOG - KELCHE
55. KUPPA EINES KELCHES Abb. 55 071.77.1. Herkunft unbekannt Mitte 17. Jh. H: 7,6 cm; M-Dm: 7,8 cm Erwerb: vom Staatlichen Pfandhaus (BAV) am 9. März 1977 für 15 000 Forint. Aktennr: KKO 4204-1/77 Kuppa aus Silber, teilweise vergoldet, getrieben, graviert, punziert, sich zum Mundrand hin weitend und am Rand etwas ausbiegend. Unten wurde sie in der Mitte später eingedellt. Auf dem Boden eine stilisierte zwölfblättrige Rosette. Die Kuppa ist unten silbern mit einer flach getriebenen, vergoldeten Blumenverzierung auf gepunztem Grund: Große, an den Motivschatz von zeitgenössischen Stickereien erinnernde Blumen auf spitzenartigen Blattranken. Über dem Blumenfeld ein vergoldeter, punzierter, mit einfachen Blättern angedeuteter Kranz. Die obere Hälfte des Mantels ist glatt, vergoldet, unter dem Rand läuft eine Inschrift in Druckbuchstaben um: „VALAMENNISZER IJANDGYÁTOK EZT POHÁRT AZ URNÁK HALÁLÁT HIRDESSÉTEK AZ MÍG EL JÖVEND. - LKOR. 11.26." (Denn so oft ihr von diesem Brot esset, und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis dass er kommt.) Ohne große Beschädigungen, die Vergoldung ist etwas abgewetzt und am Rand kleine Scharten. Form und Blumenverzierung gehören noch zur Renaissance, doch besteht letztere aus frühen großblumigen Elementen. Möglicherweise für eine protestantische Kirche verfertigt, da die Inschrift unter dem Rand dort üblich war. YALAMENNISSER ijANDCYATOX" EZ POHART AZ URWAX HALÁLÁT HIRDESSETEK^ * i KOBÜ-'V26> -AZ MIO EL JÖVEND* Literatur: Erstmitteilung 56. KELCH (sog. BRÓZER-KELCH) Abb. 56 1926.90 Kolozsvár (Cluj-Napoca, RO) reformierte Kirche in der Farkas-Gasse 1640 H: 26 cm; F-Dm: 11 cm; M-Dm: 10,4 cm; Gew.: 1053 g Erwerb: durch Ankauf von der reformierten Kirche in Kolozsvár. Nur die Akte Nr. 1926.350 ist erhalten geblieben, die von der Abrechnung berichtet. Gold mit farbigem durchscheinenden Email, gegossen, graviert. Der Sechspassfuß hat schwach gebogene Pässe. Der untere Rand des Fußes schließt mit einer 3-4 mm breit daraufgehämmerten Platte. Schon am Rand eine schmale, stilisierte, mit Nägeln befestigte Rankengruppe, eine Blätterreihe mit weißem, grünem und rotem Email. Auf der Fußkante läuft eine durchbrochene, in Vierecke gefaßte Vierpass-Rosettenreihe um. Auf der Wölbung des Fußes in den sechs Pässen weitere farbig emaillierte Rankengruppen: auf eingeritztem Grund schmückt durchscheinendes weißes, blaues, grünes und ein wenig rotes Email die aus Ranken, Muscheln und Blütenblättern geformten Zierelemente, von denen jedes an drei Punkten von kleinen Nieten gehalten wird, die der Meister hinten sorgfältig flachhämmerte. Oben am Fuß wiederholt ein kleineres Blätterbündel die Emailfarben von unten. Auf den beiden sechseckigen Schaftringen verwendete der Goldschmied Brözer ein eingebettetes, sog. Champ/eve-Email. Das eingetiefte, Schmetterlingsflügel nachahmende Muster ist von lebhaft hellblauen Email bedeckt, in der Mitte, in der ursprünglichen Höhe eine gravierte, goldene vierblättrige Blume. An den Rändern grünemaillierte Ranken. An den Kanten die üblichen Zierelemente der Spätrenaissance-Kelche: S-förmige Stützohren mit abgewetztem weißem Email, darauf blaue Pünktchen. Der Nodus hat flache gestauchte Kugelform und ist aus zwei Hälften zusammengelötet. Sein Motiv wiederholt sich symmetrisch: auf hellblauem Grund eine Reihe von weißen Blättchen, dazwischen sechs spitz hervorstehende Zapfen mit gleichfalls eingebetteten, emaillierten, dreieckigen Ornamenten, mit einem Motiv aus blauen und grünen Blütenblättern und Blättchen sowie rhombischen Flächen. Die Kuppa ist mit dem Fuß verglichen ungewöhnlich groß, breiter und unproportioniert höher. Auch ihr Dekor ist einmalig im ungarischen Material: 18 ovale getriebene Platten zeigen die Passionsgeschichte, derart detailliert, dass einzelne Bilder schwer zu deuten sind. In drei Reihen auf je sechs mit Nieten befestigten Platten folgende Szenen: 1. Das Letzte Abendmahl und die Fußwaschung, 2. auf dem Ölberg, 3. Judaskuß, 4. Christus vor Kaiphas, 5. Christus vor Pilatus, 6. Christus vor Heródes, 7. Christus erneut vor Pilatus, 8. Christus und Pilatus noch ein-