Lovag Zsuzsa: Mittelalterliche Bronzgegenstände des Ungarischen Nationalmuseum, (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 3; Budapest, 1999)
Vorwort
nalmuseums - nach dem Vorbild anderer großer Sammlungen - vermutlich früher oder später erscheinen wird, aber diese bescheidenen, zumeist unpublizierten Bronze schnall en anderswo kaum zur Veröffentlichimg kommen werden. Einer Erklärung bedarf die Darstellung des sehr bedeutenden Materials aus Limoges in diesem Katalog. Die Entscheidung beruhte nicht bloß darauf, daß es sich um Bronzen handelt, sondern in erster Linie auf ihrer Rolle in der Geschichte des ungarischen Metallhandwerks. Der 1241 über das ganze Land hinweggehende und gewaltige Verwüstungen venir sac hende Mongolen stürm hinterließ hunderte zerstörte und ausgeraubte Kirchen. Der Wiederaufbau und der Ersatz der für die Liturgie unerläßlichen Gegenstände fiel in jene Zeit, als die Werkstätten von Limoges in großen Massen ihre Handelswaren produzierten. Das sehr bedeutende - und sich bei archäologischen Freilegungen ständig vermehrende - Limousiner Material ist also schon im 13. Jahrhundert nach Ungarn gekommen und zum organischen Bestandteil der damaligen Sachkultur geworden. An einer Reihe von Werken des heimischen Bronzehandwerks läßt sich der direkte Einfluß der Limousiner Importgegenstände nachweisen, oftmals gemischt mit den lokalen Traditionen. Und schließlich wurden die erstrangig wichtigen Schöpfungen des Bronzegusses, die Glocken, deshalb nicht in den Katalog aufgenommen, weil über sie vor kürzerer Zeit eine das gesamte ungarische Material bearbeitende Zusammenfassung von Pál Patay, Corpus campanarum antiquarum Hungáriáé (Budapest 1989), erschienen ist. Die im Katalog mitgeteilten mehr als dreihundert Stücke wurden nach Gegenstandstypen gruppiert, die im großen und ganzen der Chronologie des Erscheinens der einzelnen Typen folgen. Innerhalb der Gruppen bemühten wir uns gleichfalls, der Chronologie der Herstellung der Gegenstände zu folgen, wobei wir die einheimischen nicht von den Importgegenständen absonderten. Das dargebotene Material ist sowohl in seiner Zusammensetzung als auch in seinem Niveau außerordentlich heterogen. Neben einigen Stücken von herausragender Qualität ist der Anteil hinsichtlich ihres künstlerischen Wertes imbedeutender Massenware sehr hoch. Dies spiegelt einerseits den Charakter des ungarischen Bronzehandwerks wider, andererseits hat es historische und museumsgeschichtliche Gründe. Das völlige Fehlen von Spuren monumentaler Bronzewerke verweist darauf, daß im Mittelalter in Ungarn wahrscheinlich keine bronzenen Grabmäler, Lesepulte, Tore und - vor dem 14. Jahrhundert Taufbecken entstanden, wenn aber doch, dann wurden sie in den Kriegen der das Mittelalter abschließenden hundertfünfzigjährigen Türkenbesetzung vernichtet. Die aus historischen Quellen bekannten lebensgroßen Königsstatuen, die im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts vor dem Dom von Großwardein/Nagyvarad/Oradea aufgestellt worden waren, entfernten die Türken, um Kanonen daraus zu gießen. Eine einzige Arbeit der Schöpfer der in der europäischen Kunstgeschichte bahnbrechenden monumentalen Plastiken, der Bildhauer Márton und György Kolozsvári, blieb bis heute erhalten, die Reiterstatue St. Georgs im Prager Hradschin. Ebenso aus Quellenangaben kennen wir die bronzenen Brunnenfiguren in König Matthias' (1458-1490) Budaer Palast und weitere Werke aus Erz, die - außer zwei im Istanbuler Topkapi-Museum bis heute vorhandenen monumentalen Leuchtern - vermutlich sämtlich eingeschmolzen wurden. Das bestimmende neuzeitliche Ereignis der Bronzesammlung des Nationalmuseums war, daß nach dem Ersten Weltkrieg das damals bereits einige Jahrzehnte bestehende Kunstgewerbemuseum mit dem Nationalmuseum verschmolzen wurde. Mehr als zwei Jahrzehnte später trennte man die beiden Institutionen wieder, wobei man die Sammlungen so verteilte, daß die mit der ungarischen Geschichte zusammenhängenden oder sicher von ungarischen Meistern gefertigten bzw. als ungarische Funde ans Licht gekommenen Objekte ins Nationalmuseum und die sonstigen Schöpfungen des europäischen Kunstgewerbes ins Kunstgewerbemuseum kamen. Zu letzteren gehörten unter anderem die italienischen und französischen reich verzierten Mörser, Glöckchen und anderweitigen plastischen Schöpfungen, die emaillebemalten Gefäße aus Limoges, aber auch einige Limousmer Gegenstände aus dem 13. Jahrhundert, die nicht als ungarische Funde galten. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges litten die Sammlungen des Nationalmuseums erheblichen Schaden, teils verschwanden sie, wurden durchemandergebracht, einige Depots brannten aus. In der nach dem Krieg vorgenommenen großen Revision wurden die Stücke gemäß der Inventarbücher identifiziert und die nicht identifizierbaren seit 1955 erneut inventarisiert. Natürlich konnte man vor allem jene Gegenstände identifizieren, über die es detaillierte und genaue Inventarbuchbeschreibungen bzw. auch Zeichnungen oder Fotos gab. Aufgrund der in scharfem Tempo vorgenommenen riesigen Arbeit der Revision nach dem Krieg wurde die Identifizierung fast bis heute weitergeführt; von daher stammen die doppelten Inventarnummern der Gegenstände, bei denen es nach der erneuten Inventarisierung der 50er Jahre immer noch gelang, die originale Inventareintragung zu finden. Bei den Bronzegegenständen kommt es vielleicht am häufigsten vor, daß weder bei der ersten, großen Revision noch später die originalen Inventarnummern entdeckt wurden, häufig nicht einmal die von publizierten Stücken. Deshalb steht