Lovag Zsuzsa: Mittelalterliche Bronzgegenstände des Ungarischen Nationalmuseum, (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 3; Budapest, 1999)

Einführung - Die mittelalterlichen Bronzegegenstände des Ungarischen Nationalmuseums

Aquamanilen kamen nur zwei ins Budapestcr Historische Museum, alle beide aus der Ausbaggerung des Beckens der Donau. Eines von den beiden Löwengefaßen entstand im 13. Jahrhundert in Niedersachsen, während es für das andere keine europäischen Parallelen gibt. Die Gestalt des Tieres sowie die Fonn seiner Füße und des flächig gestalteten Kopfes erinnern stark an die Pferde der Jäger­Aquamanilen, und gleichfalls mit ihnen verwandt sind das Material, Bronze, und die außerordentlich dünne Wandstärke. Aufgrund all dessen ist anzunehmen, daß auch die im Flußbett der Donau gefundene Löwenfigur in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Ungarn entstanden ist (LOVAG 1984, Nr. 22). Händewaschschüsseln (Kat. Nr. 192-199) Von den aus dünnem Bronzeblech auf der Drehbank geformten und mit gravierten Zeichnungen versehenen - in der älteren Fachliteratur Hansa-Schüsseln genannten - Händewaschschüsseln besitzt das Nationalmuseum nur einige weniger qualitätvolle Stücke jenes in ganz Europa verbreiteten Typs, zu dem die meisten Stücke gehören, dessen Verzierung mit den allegorischen Figuren der Tugenden und Sünden auf den moralischen Inhalt hinweisen, wobei die Figuren von - infolge der Kopierungen fehlerhaften oder unverständlich verdorbe­nen - Aufschriften bezeichnet werden. Die Verziemng der Schüsseln bewahrte den Darstellungstyp vom Baum der Tugenden und Sünden, in einer der Form des Gegenstandes angepaßten Umgestaltung. In der Mitte der Schüsseln thront üblicherweise Humilitas (Wurzel aller Tugenden) oder Superbia (Wurzel aller Sünden), auf Baumdarstellungcn wächst der Stamm aus ihrer Gestalt hervor, an dessen Ästen die übrigen Tugenden bzw. Sünden dargestellt wurden. Auf den Schüsseln erscheinen auf der Scitenwand im Kreis die allegorischen Figuren der weiteren Tugenden und Sünden, zwischen ihnen eine das Baummotiv bewahrende, fächerförmige Pflanzen­verzierung. Wahrscheinlich wurden die Schüsseln paarweise benutzt, weil in dem mengenmäßig bedeuten­den europäischen Fundmaterial etwa im gleichen Anteil die Tugenden und die Sünden darstellende Schüsseln erhalten blieben. Nach allgemein angenommener Meinung der Fachliteratur wurden die im Rheinland in über gebildete Kleriker verfügenden Klöstern geschaffenen Tugend­und Sündenschüsseln mit narrativer Darstellung in vereinfachten Varianten der mit allegorischen Figuren verzierten Schüsseln in ganz Europa hergestellt. Es läßt sich nicht ausschließen, daß es unter den im mittel­alterlichen Ungarn benutzten Stücken auch lokale Erzeugnisse gibt. Die Darstellung einer Schüssel des Nationalmuseums weicht von dem obigen Typ ab. Um die in der Mitte der Schiissel thronende, aufgrund des Umschriftfragmentes die Vanitas darstellende geflügelte Figur verge­genwärtigen in drei Gruppen je zwei miteinander kämpfende gepanzerte Gestalten den Kampf von Gut und Böse (Kat. Nr. 195). Zu den Tugenden- und Sündeschalen wurden einige, in Größe und Form ähnliche, mit gleicher Technik hergestellte, aber anders oder unverzierte Stücke der Sammlung gezählt. Das aus Kreisbögen und Zickzack­linien gravierte geometrische Muster des einen folgt der Struktur des Musters der mit allegorischen Figuren verzierten Schüsseln (Kat. Nr. 198). Handwärmer, Weihrauchgefaße, Chrismabehälter (Kat. Nr. 200-209) Der einzige Handwärmer des Nationalmuseums gehört nicht zu dem üblichen aufhängbaren Typ, sondern ist ein ähnlich den Weihrauchgefäßen auf trichterförmigem Sockel stehendes kugelförmiges Gefäß, dessen obere Hälfte durchbrochen ist, während aus seinem Sockel ein der Befestigung dienender Stab mit Schraubengang hervorragt (Kat. Nr. 200). Die sieben Weihrauchgefaße der Sammlung vertreten die im 13.-15. Jahrhundert am meisten verbreiteten Typen, sie entstanden im Rhein-Maas-Gebiet, in Norddeutschland und Italien. Über ihre Herkunft ist nichts bekannt, das Museum kaufte sie von Privatsammlungen bzw. Kunst­händlern. Die einzige Ausnahme ist ein in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Maas-Gebiet verfertigtes Weihrauchgefäß (Kat. Nr. 203), das zur alten, nicht mehr benutzten Ausrüstung einer Dorfkirche gehörte. Das einzige Weihrauchgefäß im romanischen Stil stammt vermutlich aus dem norddeutschen Raum, seinen kugelförmigen Körper krönt ein Zentralgebäude mit einer fragmentarischen Hahnenfigur auf dem Turm (Kat. Nr. 201). Außer den gotischen gegossenen bronzenen Weihrauchgefäßen (Kat. Nr. 202-205) wird das einzige Exemplar aus Kupferblech der Vollständigkeit halber im Katalog mitgeteilt (Kat. Nr. 206). Das gravierte und vergoldete Weihrauchgefäß gehört zu einem sehr verbreiteten italienischen Typ, von dem sich zahlreiche Exemplare in toskanischen Kirchen und Sammlungen befinden. Sein bisher unveröffentlichtes Exemplar kaufte das Nationalmuseum von einem Privatsammler.

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