Éva Garam: Katalog der awarenzeitlichen Goldegegenstände und der Fundstücke aus den Fürstengräbern im Ungarischen Nationalmuseum. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 1; Budapest, 1993)
OZORA
den folgenden, im Jahre 1888 durch Ankauf erworbenen Gegenständen identisch: große Silberschnalle, 1 kleine Riemenzunge, 1 Gürtelbeschlag, 1 doppelschildförmiger Beschlag, größerer Armring, kleines Ohrgehänge, 2 Glöckchen, 2 runde Einfassungen, Säbelortband, Säbelscheide mit Hängeöse, 2 Amethystperlen. Die Schnalle, kleine Riemenzunge, Beschläge und Säbelzubehöre stammen gewiß aus dem Männergrab. Aller Wahrscheinlichkeit nach kamen auch die Anhänger aus dem Männergrab zum Vorschein (BONA 1982-83, 106). Die 1888 abgelösten zwei Glöckchen, zwei runde Einfassungen und zwei durchbohrte, längliche Amethystperlen sind ebenso Teile je eines Anhängers, wie die vorhandenen vier intakten Stücke. Der Mann dürfte also in der Tat sechs, ähnlich aufgebaute Anhänger gehabt haben. (Die zwei Amethystperlen können nicht zu den kleinen Ohrgehängen gehören (BONA 1982^83, 107), die an diesen sichtbaren Perlenstellen sind nämlich um fünfmal kleiner, als die Amethystperlen). Der größere Armring dürfte ebenfalls zum Mann gehört haben und der 1871 abgelieferte, kleinere stammt wahrscheinlich aus dem Frauengrab. Die Voraussetzung, daß die tordierten Hals-, Armund Fußringe auch zur Männertracht gehört haben dürften, ist aufgrund von Kunmadaras und Üc-Tepe vorstellbar (JESSEN 1965, Risz. 30). Laut I. Bona ist das durch Kenner vom Museum erworbene „kleinere" Ohrgehänge ein „typischer Frauenschmuck", von welchem „beim Auffinden die Ziersteine abgebrochen wurden". Die fehlenden, kleinen, runden Perlen (sie dürften Almandin, Karneol oder echte Perlen gewesen sein) wurden - unsrer Meinung nach - bei dem Goldschmied Rohmüller von den Ohrgehängen heruntergenommen und deshalb zerlegte man ebenfalls die Anhänger mit runder Einfassung. So konnte nämlich das reine Goldgewicht gewogen werden, was bei dem Verkauf ein wichtiger Gesichtspunkt war. Die Parallelen des Ohrgehänges mit kleinem schwingendem Anhänger von Ozora können im ausgehenden 7. Jh. nicht nur in Frauen-, sondern auch in Männergräbern angetroffen werden. In dem Gürtelbeschläge enthaltenden Gräbern von Jasinova und Zacepilovka befanden sich goldene Exemplare (unlängst ERDÉLYI 1985, Abb. 12; 15/a). Auch in den mittelawarischen Männergräbern des Karpatenbeckens kommt das Perlenohrgehänge mit Blechmantel und schwingendem Anhänger in bronzener Variante vor (z.B. Zsély/Zelovce Grab 328, mit gepreten, runden und halbmondförmigen Beschlägen: CILINSKA 1973, T LVI. 6.; Alsógellér/Holiare Grab 85, mit viereckigen Blechbeschlägen: TOCIK 1968, Taf. XXXV. 12.; Alattyán Grab 457, mit gepreßten, runden und halbmondförmigen Beschlägen: KOVRIG 1963, T. XXX. 37-38). Ein einfacheres, nur mit Perlenanhänger verziertes Ohrgehänge, auch paarweise getragen, sind uns aus mittelawarischen Gräbern in mehreren Exemplaren bekannt. In den Männergräbern 32 und 34 von Kisköre verzierte eine kleine schwarze Glasperle den goldenen Ohrring (GARAM 1979, Taf. 9. 10-11, 27-28). Für das Vorhandensein der perlenverzierten Ohrgehänge, als von zur Tracht der mittelawarenzeitlichen, reicheren Männergräbern gehörenden Stücken fand R. Müller unlängst auch einen weiteren Beweis. In Grab 64 einer führenden Persönlichkeit von Gyenesdiás waren 2 goldene Ohrgehänge mit Blechmantel und Amethyststein. Das Grab wird vom Goldsolidus des Constans II. datiert (MÜLLER 1989,146; Abb. 5). Zusammenfassend: In Ozora wurden vermutlich je ein Frauen-, Pferde- und Männergrab erschlossen. Das Vorhandensein des vorausgesetzten Mädchengrabes kann weder der Kreuzbalken, noch der kleinere Armring oder das kleinere Ohrgehänge eindeutig beweisen. Die 1888 in das Museum gekommene, vom Feldhüter Kenner eingesammelten Gegenstände können aus dem Männergrab stammen, dessen Freilegung und die Einholung der Funde leider nicht mit genügender Sorgfalt vorgenommen wurden. Dies und nicht die „Vergeßlichkeit" kann eine Erklärung dafür sein, daß Bisits von den Gürtelzierden nichts erwähnt. Im vergangenen Jahrhundert kamen von den großen Funden meistens nur die aus Edelmetall erzeugten Stücke in das Museum (z.B. aus Kunágota, Kunmadaras). Ozora ist in dieser Hinsicht auch einzigartig. Von den drei Gräbern gelangten 94 Funde in das Museum, 85 Goldgegenstände (90% des Gesamtfundmaterials), 6 Silbergegenstände, sowie je ein Bronze-, Eisen- und Tongegenstand. Von den Goldgegenständen waren 9 mit Ziersteinen verziert, ein Teil der Trense und der Säbelfragmente hatte einen Eisenkern. Das Auseinanderhalten der Funde der Mähner- und Frauengräber von Ozora könnte mit aller Sicherheit erst dann erfolgen, falls uns ähnliche Funde, wie bei diesen zwei Gräbern aus authentischen Ausgrabungen zur Verfügung stünden. Ohne diese kann die Trennung der Gegenstände je Grab nur bedingterweise vorgenommen werden. Die Funde des Frauengrabes: Das größere Ohrgehänge, der Halsring mit Bulle, das Kreuz und der Kreuzbalken, der blattförmige Anhänger mit Öse, das Agraffenpaar, der kleine Armring, der kleinere Fingerring - als Schmuckgegenstände -, ferner die mittelgroße Schnalle, vielleicht die kleine Riemenzunge mit Tamga können aus dem Frauengrab stammen. Gewiß enthielt das Grab auch ein kleines Tongefäß, das jedoch nicht in das Nationalmuseum kam. Falls dieses Armringmaß zur Bestimmung des Lebensalters genügt, so dürfte also die Frau jung gewesen sein, entweder die junge Frau oder die Tochter des in der nähe liegenden Mannes. Aus dem Fundreichtum müssen wir noch nicht auf eine er-