Éva Garam: Katalog der awarenzeitlichen Goldegegenstände und der Fundstücke aus den Fürstengräbern im Ungarischen Nationalmuseum. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 1; Budapest, 1993)
KUNÁGOTA
KUNÁGOTA (Kat Nr. 106; Taf. 53-63) Der mehr als vor 130 Jahren zum Vorschein gekommene, münzdatierte, reiche Grabfund ist der erste bekannte awarische Fund des Nationalmuseums und zugleich der awarenzeitlichen Forschung. Lange Zeit wurde er für den ältesten awarischen Fund auch aufgrund der aus dem Grab zum Vorschein gekommenen Münze von Justinianus I. gehalten. Der Grabfund von Kunágota wurde gemeinsam mit den übrigen großen awarischen Fürstenfunden des vorigen Jahrhunderts von I. Bona einer Revision unterzogen. Dank seiner bravourvollen Arbeit wurde der Fund von seinen mitgeschlappten, infolge der mehr als 100 jährigen Lagerung im Museum und im Laufe der mehrfachen Ausstellungen sich zugeschlagenen urzeitlichen, sarmatischen und mittelalterlichen Gegenständen befreit (BONA 1982-83, 88-98; 139-140; Anm. 6-18). Die ausführliche Analyse von I. Bona enthebt mich der weiteren Bemühungen, die Gegenstände von Kunágota von neuem vor Augen zu führen. Die Funde teile ich in Fundgruppen zusammengehalten mit, um über den Bestatteten, die Bestattungssitte ein umfassendes Bild geben zu können. Erst dort lasse ich mich in Teilfragen ein, wo meine Daten oder Meinung von Bona abweichen bzw. sie ergänzen. Zu den Bemerkungen bieten in den meisten Fällen die Gegenstände selbst die entsprechende Grundlagen. Auf diese Weise werden die in der gründlich revidierenden Arbeit von I. Bona vorhandenen, aus dem Charakter der Arbeit sich ergebenden einigen Mangelhaftigkeiten unsrerseits ergänzt. Der einsam bestattete Großherr von Kunágota dürfte in der ersten Hälfte der Frühawarenzeit über das Volk des von den Flüssen Körös-Maros-Theiß eingeschlossenen Viereckes regiert haben. Er wurde wahrscheinlich zu Beginn des 7. Jh. mit der abgewetzten Münze des Justinianus I. begraben (BONA 1982-83, 98). Ohrgehänge: der Sitte der Frühawarenzeit entsprechend trug der in hohem Range stehende Bestattete ein goldenes Ohrgehänge. Die unter Inv.-Nr. 69/1858.5 eingetragenen „arany cserese 2 db" (d.h. 2 St. goldene Ohrgehänge), da sie dem später in das Museum gelangten, zahlreichen goldenen Ohrgehängen mit großer Kugel oder Pyramidenanhänger ähnlich gewesen sein dürften, kamen mit diesen ausgestellt abhanden, wurden als Fund mit „Unbekanntem Fundort" bezeichnet und so können sie heute in Ermangelung der genauen Beschreibung nur mehr bedingterweise identifiziert werden. Bona stellt das fehlende Ohrgehängepaar, als ein Stück mit großem Kugelanhänger vor und identifiziert es mit einem kleinen (!) Kugelanhänger (HAMPEL 1905, III. Taf. 268, 3). Der Identifizierung liegt die Beschreibung von Ferenczy aus dem Jahre 1857 Nr. 40. 19. Febr. S. 497) und ihr Auszug von F. Kenner zugrunde, wonach es sich um „ein paar Ohrgehänge von plumper Arbeit" handeln würde (BONA 1982-83, 88-89). Die „plumpe Arbeit" ist die saloppe, nicht exakte Summierung der Bestimmung von Ferenczy: „ein paar Anhänger, die von dem in dieser Gattung zur Zeit herrschenden Geschmack so weit sind, wie lange sie bereits in der Erde ruhen". Es handelt sich demnach nicht um eine Übersetzung, die Beschreibung des Ohrgehänges wird also überhaupt nicht „genau" (BONA 1982-33, 89) zurückgegeben. Die auf dieser Grundlage erfolgte Identifizierung kann schon deshalb mit einem Fragezeichen versehen werden und wenn wir in Betracht ziehen, daß das von I. Bona identifizierte „paarig" im Nationalmuseum stets „solo" existierte und mit dem unter dem Inv.-Nr. 233/1871, 8 registrierten, aus der Ráth-Sammlung stammenden 1 St. Ohrgehänge mit kleiner Kugel von unbekanntem Fundort identisch ist, so liegt es auf der Hand, daß wir die fehlenden Ohrgehänge von Kunágota weiter suchen müssen. Eins steht fest, daß der Großherr von Kunágota Ohrgehänge mit Kugelanhänger getragen haben dürfte. Die ähnliche Feststellung von I. Bona wird außer den von ihm angeführten, gleichaltrigen Parallelen (BONA 1982-^83, 91) auch noch von zwei wichtigen Tatsachen untermauert: - von den goldenen Ohrgehängen des Ungarischen Nationalmuseums mit Pyramiden- und Kugelanhängern blieb nach den Identifizierungsarbeiten unter den Ohrgehängen mit Pyramidenanhänger kein einziges, nicht identifiziertes Stück zurück. - aus einem dem Fürsten von Kunágota in dem im Range sehr nahestehenden, gleichaltrigen Grab einer führenden Persönlichkeit aus Törökkanizsa (Novi Knezevac, Jugoslawien) kam auch ein 6 g schweres goldenes Ohrgehänge mit großem granulationverziertem Kugelanhänger zum Vorschein (Mitteilung des Grabfundes: SEOBA NARODA 1962, Z. XIV-XV; das Ohrgehänge ist mir aufgrund der Angabe von M. Giric vom Nov. 1988 bekannt und publizierbar). Unter den bisher nicht identifizierten goldenen Ohrgehängen mit großem Kugelanhänger des Nationalmuseums befindet sich ein Paar (Kat.-Nr. 43, Taf. 33, 1-2), das auch schon auf dem Foto von KLÖSZ aus dem Jahre 1878 vorkommt. Das Ohrgehängepaar wird auch von VENTURI 1902, II. fig. 57 und HAMPEL 1905, III. T. 286, 4 mitgeteilt. Nach der Identifizierung der 1962 neuinventarisierten Ohrgehänge blieb dieses einzige Ohrgehängepaar mit großem Kugelanhänger als von unbekanntem Fundort zurück. Das 8 bzw. 8,08 g schwere, granulationverzierte Ohrgehängepaar mit großem Kugelanhänger unter Nr. N 206-207 kann aber mit