RÉVHELYI ELEMÉR: A TATAI MAJOLIKA TÖRTÉNETE / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 8. (Budapest, 1941)

Tartalomjegyzék - INHALTSVERZEICHNIS - VIII. Die Erzeugnisse der Fabrik

— 165 — Öarallel ging Fortschritt mit Entwicklung der Künstler, die in ihren Schöpfungen Rechenschaft ablegten über die Richtigkeit ihrer Naturbeo­bachtungen. Auch die bisher wenig gewürdigte Tieiwelt niederer Ordnung trat in den Kreis ih­res Interesses, und wie ihr für geheimnisvoll gehaltenes Leben die Alchimisten, so beschäf­tigte ihre Schauerlichkeit, ihre zur Darstellung des Grässlichen geeignete absonderliche Gestalt die Phantasie der Künstler. Auch Leonardo da Vinci selbst sammelte und studierte die Repti­lien, Fledermäuse, Käfer und andre Tiere die­ser Art, um die Realität der Schauerlichkeit ei­nes gemalten Ungeheuers, ferner eines Medu­senhauptes je mehr steigern zu können. 3 0 Die Phantasie der Künstler der Spätrenaissance be­schäftigen nicht nur Schönheitsideale, sondern auch stark die Darstellung des Eindrucks, den das Grässliche macht. Man gab dem Grotes­ken, dem Hässlichen und Furchterregenden Raum und erinnerte die Menschen an den Schrecken des Todes. Es wurden Marmorgrab­steine ausgeführt, deren Platte nicht den Ver­storbenen in seiner Rüstung oder seiner Gala­kleidung darstellte, sondern ein unpersönli­ches Skelett ward ausgehauen, auf der Erde um dieses und an der Stelle seiner edleren Or­gane wimmelt es von Fröschen, Schlangen, Ei­dechsen und verschiedenem Ungeziefer im Re­lief. Die Tiere niederer Ordnung zogen auch ein in den Motivenbestand der Feinschmiede­kunst und schmückten die mit allen irdischen Gütern beladenen silbernen Gefässe auf den Tafeln des Hochadels, wie dies an dem be­rühmten silbernen Salzfasse Cellinis oder an ei­ner Silberschüssel des Rákóczi-Kunstschatzes zu sehen ist. Diese etwas ungewohnte ästhetische Ein­stellung und künstlerische Richtung konnte Seele und Phantasie Palissys, der ein vielgeplagtes, von Bitterkeit erfülltes Leben führte, seine Mit­menschen verachtete und für die Natur schwärm­te, gar leicht in ihren Bann schlagen. Er formte in Ton seine mit Amphibien, Fischen, Schnek­ken, Muscheln, Krebsen und Käfern dekorier­ten Schüsseln. Im Tongawerbe war übrigens ein derartiges Dekorationsverfahren nicht unge­wohnt, denn wie in der altgriechischen Kera­mik so auf den Tongeschirren der einheimischen Volkskunst begegnen wir auch der Reliefgestalt einer an der Gefässwand hinaufkriechenden 3 0 Giorgio Vasari: Le vite. 23. Schlange oder Eidechse. Bisher kennen wir von Palissy nur ein oder zwei Majolikaschüsseln mit Tierdarstellungen, auf denen unter anderem auch Krebse vorkommen. Diese Krebse besit­zen aber noch kaum Plastik, auch das Relief­artige an ihnen ist gekünstelt und nur ihr Krus­tenkörper, der Hinterleib und in geringem Masse die Scheren erheben sich aus der Oberfläche^ während ihre Füsse und Fühler durch Malerei deutlich gemacht werden. Bei Palissy liegt üb­rigens auch sonst die Betonung auf dem Viel­erlei, auf der Überfülle. In der Anordnung äus­sert sich wenig dekorative Absicht, und des­halb finden die verflachten, eher nur durch die Farbengebung hervorbehobenen Tiere niederer Ordnung zerstreut fast im Gewimmel ihren Platz zwischen den Blättern und Blumen. In der künstlerischen Auffassung und Ausführung be­sieht also ein wesentlicher Unterschied zwischen den Krebstellern Palissys und jenen von Tata. Mehr als 200 Jahre trennen diese mit dem Krebs dekorierten keramischen Erzeugnisse dieser zwei verschiedenen Epochen von einander. Bei je­dem von ihnen beeinflussten andere Beweg­gründe und Umstände ihr Entstehen, und des­halb können wir kaum glauben, dass die Ta­taer Krebsteller unter der Einwirkung von Pa­lissys Kunst hergestellt worden wären. Es ist kaum wahrscheinlich, dass Schweiger irgendwie solche Schüsseln gesehen hätte, denn dann hätte er sich schon in Holies mit ihrer Herstel­lung versucht. Wir haben schon auf die Geistigkeit des XVI. Jahrhunderts, seine künstlerischen Bestre­bungen und die Wechselwirkungen hingewie­sen. Auch Palissy ist noch ein Kind der Re­naissance und mit seiner Vielseitigkeit, seinem wissenschaftlichen Interesse, seinen fieberhaften Experimenten und Erfindungen, weiter seinen Kämpfen war er ein einzig dastehendes, aus­serordentliches Talent der keramischen Kunst des XVT Jahrhunderts. Weder unter seinen Zeitgenossen, noch später hat er Nachfolger ge­funden. Er war ein Künstler, Gelehrter, Phan­tast und Anbeter der Natu . Die gebundenen Gestalten der Mythologie und die Lebewesen der Natur haben seine Phantasie in ihrem Bann gehalten. Diese modellierte er auf seine Gefässe und diese gelangten auf die Springbrunnen und Quellen und in die Grottenöffnungen der könig­lichen Gärten. Und wenn seine Tierdarstellun­gen keinen Einfluss auf die Keramik seines ei­genen Zeitalters ausübten, -- denn ausser ei-

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