KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)
I. Hans Holbein
Blockbücher — in seine Totentanzreihe aufgenommen. Der Prediger am Anfang der Reihe lieh den mittelalterlichen Totentänzen den Charakter der bildlichen Darstellung eines mahnend mystischen Kirchenspieles oder einer Kirchenpredigt, die auf die Kirchenwand aufgetragen eine immerwährende, dauernde Predigt dem Kirchen-oder Kirchhofsbesucher vor die Augen hält. In Holbeins Bildern ist dagegen Leben und Dichtung, Leben und Predigt, Mahnung und Spiel derselbe Vorgang. Durch das eine biblische Bild (das Jüngste Gericht) angeregt, welches im Grossbasler Bild auch nicht fehlte, hat Holbein seinen Totentanz mit vier bilblischen Bildern eingeleitet (Schöpfung, Versuchung, Austreibung, Adams Arbeit) und mit dem Jüngsten Gericht beendet. Holbein ging von der Lehre des Predigers aus : „Der Tod ist der Sünde Sold", liess aber den Prediger weg. Holbein wollte nicht als ein Neuerer erscheinen. Er behielt den ursprünglichen Sinn der mittelalterlichen Totentänze überaus getreu, aber ein unbewusstes Genie kann die materiell vorhandenen Schranken nicht ertragen. Er durchbricht sie unbewusst und wird ein unbewusster Reformator. Holbein war seiner Originalität nicht bewusst und hat doch die ganze Totentanzliteratur von Grund auf umgestaltet. Seine Genialität ist aus seiner grundsätzlichen Planlosigkeit erkennbar. Seine BeinhausSzene steht z. B. nicht an ihrem richtigen Platz, da sie weder in den vorangehenden biblischen Bildern vorbereitet wird, noch selber eine Kirchhofsszene einleitet, denn nach dem Beinhaus folgt überquellendes Leben : Papst, Kaiser, König usw. Der Meister ist in der Schöpfung seines Werkes improvisatorisch vorgegangen. Unter dem lebendigen Eindruck des wahrscheinlich vielmals in seiner Heimat, in Basel, besichtigten Totentanzes begann er die ersten Bilder und in dieser planlosen Arbeit „gewann seine eigene überquellende Schaffenslust und Kraft eine unbewusste Übermacht." Schon im Mittelalter war man bestrebt, den Tod im Leben darzustellen. Einzelne Vertreter der Stände wehren sich gegenüber dem Tod und behandeln ihn, als wäre er ihr gleichwertiger Gegner. Im Grossbasler Totentanz bietet der Wucherer ein Lösegeld dem Toten-Tod ; im Dotendantz erwürgt der Schreiber den Toten und stösst ihn nieder. Trotzdem ist der mittelalterliche Tod oder Toten-Tod in allen Fällen Vollstrecker des Sterbegebotes. Im Alphabet und in den Szenen Nr. 11, 15, 17, 29, 36, 39 des grossen Totentanzes wiederholt auch Holbein diese Auffassung. Bei Holbein ist aber das Todesmotiv nur ein Mittel zur Charakteristik (Abt 14, altes Weib 25, alter Mann 33) und dient zur Veranschaulichung verschiedener Momente (Bischof 12, Mönch 23). Seinem Drange nach dramatisch bewegter Gestaltung folgend schildert Holbein keinen Sterbeakt, sondern den nahenden und überraschenden Tod im vollen Leben vor dem Sterben. Die Stände wollen sich der obsiegenden Kraft des Toten-Todes entziehen, sie wollen sich gegen seinen Angriff mit voller Kraft wehren. Aber sie „benehmen sich gegenüber diesem unheimlichen Gegner geradeso, als wenn sie einem anderen Mitlebenden begegnen würden, der einen ähnlichen Zwang auf sie ausüben wollte. 1 Eine grundsätzlich verschiedene Auffassung vertritt die Szene des Krämers 37 und die Kampfszenen 16, welche schon einen Übergang bilden zu jenen Szenen, in denen sich die Totengestalten dem Menschen überhaupt nicht zu erkennen geben, da sie gespensterhaft, dem Mithandelnden verborgen und unsichtbar im Alltagsleben drohend erscheinen. Die Vertreter der Stände halten die Totengestalten für ihresgleichen. Der Tod wird in der Gestalt eines Toten nur dem Beschauer angedeutet und so tritt die Szene aus dem Bild ins Leben und der Beschauer soll zu den Personen des Bildes gerechnet werden. Noch näher zum modernen Realisierungsdrange stehen jene Szenen, in denen nur die Erinnerung an den Tod beibehalten wurde. Schon in den Kampfszenen ist der Tod ein natürlicher Vorgang (Nr. 16, 31, 40), der für den Ritter ebenso erfolgen würde, wenn statt einer Totengestalt ein lebender Kämpfer dastände. Für die Erkenntnis des historischen Zusammenhanges der modernen Totentanzauffassung mit der Holbein'schen ist diese Behauptung Goettes sehr wichtig. Holbein wusste aber oder empfand genau, was er tat : „durch die dämonische Gestalt erhält jener an sich ganz einfache Vorgang (eines Kampfes) die Bedeutung eines individuellen Verhängnisses. Der Künstler rührt dadurch an unsere Phantasie und statt des natürlichen Lebensabschlusses eines Kriegers im Kampfe entrollt sich vor uns ein Bild seines Lebens, seines Berufs, seiner Schicksale und seines Endes. Was uns vielleicht im ersten Augenblick als ein einfaches Todesbild erschien, wird zum Bilde bewegten dramatischen Lebens. Die Totengestalt dient nur, das wirkliche Leben dichterisch zu beleuchten und zu erhöhen. Der Eindruck dieser Bilder rührt nicht vom Memento mori oder von der Darstellung des Todesvorganges her, sondern von der dämonischen Darstellung des Lebens." Ich wiederholte Goettes wichtigste Forschungsergebnisse. 2. Einleitung und Schluss der Bilderreihe 2 Die ersten drei biblischen Bilder : die Erschaffung Evas, der Sündenfall, die Austreibung aus dem Paradies vertreten eine uralte Tradition, die nicht nur auf die Erzählungen des Alten Testaments, sondern auf die Adambücher, auf die Darstellungen des Malerbuches der Athosmönche und auf die Illustrationen des Werkes 1 Z. B. Nr. 11, 14. 23, 29, 36, 37, 15, 39, 12, 17. 25, 33. 2 Goette S. 236 ff.