KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)
I. Hans Holbein
vom hl. Augustinus : De civitate Dei zurückreicht. Auch die Tradition der bildlichen Darstellung ist nachweisbar durch den Vergleich mit den Illustrationen der „Livre d'heures" aus dem Jahre 1515, 1 1490 und 1507. Adam steht mit Eva auf dem Bilde des Sündenfalls unter dem Baum des Paradieses. Am Baum die menschenköpfige Schlange. Rechts naht der Tod heran mit einem grossen Pfeil bewaffnet. Bei Holbein erscheint dieTodesgestalt in dem Augenblick, als die Ureltern aus dem Paradies vertrieben werden. Was soll diese Todesgestalt, wo doch die Ureltern nicht sogleich sterben sollen ? Der Tod ist bei Holbein der Führer des aus dem Paradies vertriebenen Menschenpaares ins neue Leben der Sterblichkeit. Der Tod begleitet den Menschen überall hin. Er erscheint nicht in einer allegorischen Vision, er ist der musizierende und tanzende Tod der alten Totentänze. Die Anwendung des Tanzmotivs ist hier unlogisch, da Allegorie und Tanz nicht zusammengehören. Der Tod ist hier „die Vergänglichkeit", welche den Menschen in seinem Körper von Schritt zu Tritt begleitet und ihn bedroht, er durfte aber bei Holbein nicht nur aus rein künstlerischen Gründen auftreten, sonst wäre ja das Bild ausdruckslos. So aber erzielt der Künstler in uns ein unbewusstes Wohlgefallen, dessen Mittel er aber von aller Logik frei und souverän verwendet. Dasselbe wird im vierten Stück gesagt : der arbeitende Adam. Der Tod begleitet den Menschen und hilft ihm in seiner Arbeit, wie auch in der Wirklichkeit jeder menschlichen Arbeit die Vergänglichkeit ein besonderes Gepräge leiht. Adam rodet einen Baum mit einem starken Baumast aus und der Tod hilft ihm, indem er seine Haltung nachäfft. Die Stellung seiner Glieder übereinstimmt vollständig mit jener Adams. Im Hintergrunde sitzt Eva mit ihrem Kinde. Dieses Motiv erinnert an die Darstellung von H. S. Beham : Das Weib auf dem Tode. 2 Es ist eine Darstellung des Fluches, den das Weib seit dem Sündenfall immer überwinden will, aber durch den Vertreter des Fluches, durch den Tod, immer wieder besiegt wird. Auch diese Wendung, dass nach dem Sündenfall Eva ein Kind hat (was auch im grossen ungarischen Weltdrama von Madách wiederkehrt und uns in der Meinung bestärkt, dass Madách auch aus dem Material der Totentänze geschöpft hat), beweist, dass man im Mittelalter und auch im sog. unhistorischen Christentum der Neuzeit unbewusst die Meinung verbreitete, dass die Liebe, Amor, der geschlechtliche Verkehr, die erste Sünde gewesen sein soll, die den Menschen gottesähnlich machte, da er durch sie befähigt wurde, in das Werk der Schöpfung eingreifen zu können. Diese philosophisch religiöse Meinung widersprach selbstverständlich mehr oder minder bewusst der of1 S. Goette Fig. 94. 2 S. Weber-Holländer S. 100. fiziellen Lehre der Kirche, wurde vön Apökryphschriften verbreitet und war für die AdamEva-Szenen der Totentänze von entscheidender Bedeutung. Ahnliche Darstellungen finden sich bei Schedel, Bl. IX. in Herrads Hortus deliciarum. Das Bild des Beinhauses ist zwar am Anfang des Holbeinbildes vollständig unpassend, doch findet sich in ihm eine Neuerung gegenüber dem Beinhaus des Alphabets, insofern hier eine Gruppe von Toten dargestellt wird. Das Bild ist übrigens sehr lebenswahr, es schöpft aus dem zeitgenössischen Leben. Im Gebetbuch Maximilians hat Dürer (1515) die Musiker ähnlich gezeichnet. Das Schlussbild vom Jüngsten Gericht ist kein „wirkungsvoller" Abschluss, wie man es meinen möchte. Dies könnte zutreffen, wenn hier der durch die Auferstehung aller Menschenkörper besiegte Tod auch dargestellt wäre. Von einer „Humanität" (s. Woltmann) ist keine Rede, die vielleicht nur aus versöhnlicher Gesinnung oder falscher Sentimentalität lauter selige Menschen vor Gottes Richtersluhl gestellt hat. Holbein zeichnete aber auch die apokalyptischen Reiter und den Höllenschlund, und das beweist, dass der fehlerhafte Aufbau der Schlussszene nicht in seiner persönlichen Anschauung, sondern in einem seiner Vorbilder seinen Grund hat. Goette hat nach dem Grade der Realisierung die Bilderreihe Holbeins in sechs Gruppen zerlegt. Wir versuchen, die von ihm gegebene Charakteristik kurz zu wiedergeben, da sie eine der genialsten Untersuchungen der wissenschaftlichen Literatur ist, da in ihr Goette die ganze Entwicklung der modernen Totentänze in einer geistvollen Form dargestellt hat. 3. Die erste Gruppe der Holbeinbilder 1 Die Skelettgestalten sind die Toten des alten Totentanzes. Paare. Tanz und Musikinstrumente. Kein Sterbeakt. Volles Leben. 1. Der Abt (14), ein feister, nicht weichlicher Mann schleudert wütend sein Buch gegen den Tod, der anstatt seiner Kraft zu erliegen dem Herrn Geistlichen impertinent zulächelt. Diese Todesgestalt ist auf die Totengestalt des Koches am Grossbasler Totentanz zurückzuführen und das Vorbild für die Kappe, den Krummstab, sowie für das Buch findet sich in den Heidelberger Holzschnitten. 2. Der Mönch (23) will mit der Sammelbüchse beim Tor des Klosters einkehren, aber der Tod sperrt ihm höhnisch lächelnd den Weg. Sein erster Gedanke ist nicht, sein eigenes Leben zu retten, sondern er will das erbettelte Geld irgendwo vor dem Tod verstecken. Dieses Bild dient also zur Darstellung der Habsucht. 3. Das alte Weib (25) wird von einem To3 Der Abt (14). der Mönch (23), das alte Weib (25) der alte Mann (33), der Kramer (37).