KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)
I. Hans Holbein
wirklichen Armen, dessen Armut im Knochenmann verkörperlicht wird, überhört. 23. Der Herzog (13) wird von einer armen Frau, die ein notdürftig gekleidetes Kind an der Hand führt, um eine Gabe angefleht. Hinter der Frau erhebt sich ein Skelett, das beide Arme nach dem hartherzigen Fürsten ausstreckt. Der Tod will hier keineswegs den Fürsten „packen" oder „töten." Er rührt sich nicht vom Platz und vorgebeugt deutet er nur „die zudringliche Bitte" der Frau an, deren Begleiter er ist — „die Armut." 24. Die Nonne (24) kniet vor einem Hausaltar, während sie nach dem Jüngling zurückschaut, der auf ihrem Bette sitzt und die Laute spielt. Neben der Nonne erscheint eine SkelettGestalt oder Haut-Leiche einer alten Nonne (an den eingeschrumpften Brüsten einer Alten und an dem Skapulier erkennbar), die sich an einer am Altar brennenden Kerze zu schaffen macht. Der sitzende Jüngling ist keineswegs eine Vision, oder etwa eine Erinnerung der Nonne an ihre Jugendsünden. Dies Bild will eine wirkliche Szene darstellen, in welcher die Todesnonne nur dem Beschauer sichtbar hinter der lebenden Nonne erscheint. Diese Todesnonne will nicht „töten", sie löscht auch die Kerze des Altars nicht aus — was vielleicht symbolisch auf das Sterben zu verstehen wäre, sondern sie „putzt" nur die Kerze. Die Todesnonne verkörperlicht also „die Sünde, die trotz ihrer Unwürdigkeit den Altar reinigen, ihm dienen will" — und daher auch einem wüsten Hautskelett ähnlich ist. 25. Die Säufer (42) bilden ein Seitenstück zu dem Bilde der Spieler. Auch hier „tötet" der Tod nicht. Er ist ein wilder Lump, der seinen Gesellen wilde Scherze vorträgt. Er packt einen seiner Genossen bei den Haaren und schüttet unter dem Beifall seiner Saufkumpane Wein in seinen Mund. Der Tod verkörperlicht die Roheit, die in ähnlichen Saufgesellschaften nicht ungewöhnlich ist. 26. Der König (8), der nach Massmann und Woltmann in Gesichtszügen und in Tracht einem Bildnisse Franz des I. König von Frankreich gleiche, sitzt unter einem Baldachin an einer reich besetzten Tafel. In der zahlreichen Dienerschaft nimmt auch der Tod an der Bedienung teil. Das Bild ist ein bisschen schwer verständlich. Nicht der Tod kredenzt den „Wein" (den „Todestrunk", wie man meinte), denn neben ihm steht ein Diener, dessen Hand am Krug fasst hinter dem Tod sichtbar ist, und nicht knochig, — wie die Hand des Todes —, sondern fleischig ist, wie die Hand eines Lebenden. Dabei wischt kein einziger Diener sich die Tränen vom Auge, denn nur die Armwülste des hochgehobenen Armes des Mundschenken ist hinter dem Tod und nahe zum Gesichte des Dieners sichtbar. Dabei hält der Tod nicht einen Kelch, — zum Trinken etwa — sondern eine Schüssel, deren Deckel er heruntergenommen hat und jetzt in der rechten Hand hält. Der König will nicht trinken, er hält ein Handtuch in der Hand. Das Bild ist also ein geschichtliches Genrebild, welches die Handwaschung nach dem Mahl des Königs darstellt. Der Tod ist eigentlich auch nur ein Gehilfe des Mundschenken oder der anderen Diener. Er will nicht töten, er hält nur die Schüssel, er erscheint nur als Totenskelett, damit er den dämonischen Gegensatz zwischen dem tafelnden König und der Vergänglichkeit dem Beschauer zeigt. Er ist die den Menschen im Leben überall hinbegleitende „Vergänglichkeit". 27. Die „Gräfin" (34), wie die Überschrift Lützelburgers sie in der ersten Ausgabe nennt, wird von zwei Gestalten angekleidet, von einer älteren Frau, die ihr ein festliches Oberkleid reicht und vom Tod, der ihr ein Halsband um den Hals hängt, das aus Totenknochen besteht. Goette folgt der Erklärung von Schubert, und meint, die Mädchengestalt wäre keine Gräfin, sondern eine Braut, die zum Brautzug festlich gekleidet wird. Wenn also der Tod hilft, der Braut die festlichen Kleider anzulegen, so ist das ein glücklich angefassler tragischer Zug. 28. Der Ackermann (38) pflügt sein Feld in stiller Abendstunde und die sinkende Abendsonne erinnert ihn an das Ende der Tagesarbeit und an sein Heim, wo er sich im gemütlichen Familienkreise ausruhen kann. Der Skelettreiber aber, der neben den vorderen Pferden des Viergespanns mit geschwungener Peitsche einherspringt, lenkt unsere Gedanken auf das Ende des Lebens. Die Abendstunde steigert dieses Motiv des Erscheinens der Todesgestalt ins Wehmütige. Der Tod aber will hier den Ackermann nicht seiner Arbeit berauben, und zwar durch das von ihm derartig eingeleitete Sterben. Es gibt überhaupt kein Viergespann, welches ohne einen Treiber den Pflug ziehen könnte. Der Ackermann hat vielmehr einen Gehilfen, der seine Pferde führt. Holbein zeichnete aber statt des Gehilfen oder statt des Treibers den Tod, der daher nur für uns sichtbar ist. Dieser Kunstgriff ruft im Beschauer eine viel tiefere tragische Stimmung hervor, als wenn ein gewöhnlicher Treiber die Pferde führen möchte. Die fünfte Gruppe 1 Die Todesgestalt greift nicht mehr ins Leben ein. Sie bleibt höchstens eine Vision — was nicht sehr vorteilhaft ist, — bleibt aber den Menschen vollständig unsichtbar und kann sogar bei der Interpretation der Bilder ausser acht bleiben und weggelassen werden. Seine Erscheinung ist in der Szene nicht mehr nötig — dass aber Holbein den Tod und andere Skelette ohne Logik in diese Bilder aufnahm, ist 1 Der Papst (6), der Kaiser (7), der Richter (18), der Prediger (21).