KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

— 86 — und Willenskraft darstellen soll, betrachtet Dante in seiner Vision verschiedene Regien der Seligen. „Wie mit erstarkter Lust oft hier auf Erden Die Tanzenden im heitern Ringeltanz Die Stimm' erhöhn und froher sich gebärden ; So zeigte neue Lust der Doppelkranz .. Der Dichter vergleicht also die himmlischen Tänze mit jener Art und Weise der mittelalterlichen Volkstänze, in denen man immer schneller und ausgelassener tanzte, um dann freilich plötzlich abzubrechen . . . Und der Text des von den tanzenden Seelen gesungenen Liedes bezieht sich wieder auf die hl. Dreifaltigkeit : „Das Drei und Zwei und Eins, das Alles lenkt Und ewig lebt in Einem, Zweien und Dreien, Und, ewig unumschränkt, das All umschränkt, Gesungen ward's in solchen Melodeien, Dreimal im Chor . . ," 2 Der Dichter begegnet im Mars denjenigen, die für Christum gestritten haben. Aus den zwei Scharen dieser „Kämpfer Christi" („Milites Christi") entstehen zwei Strah­len, zwei glänzende Streifen, die sich durchschneiden und so die Form eines Kreuzes bilden. Der Dichter vergleicht diese grösseren und kleineren Lichter mit der Milchstrasse, „Galassia" . . . und um dieses „Feuerkreuz" tanzen die übrigen in einem kreisförmigen Reigen : „Wie, wenn allmählich an der Abend bricht. Am Himmel Punkte, klein und bleich, erglänzen, So dass der Anblick wahr erscheint und nicht : So glaubt' ich jetzt in neuen Ringeltänzen, Noch zweifelnd, neue Wesen zu erspähn, Weit ausserhalb von jenen beiden Kränzen. 0 wahrer Schimmer, angefacht vom Wehn Des heil'gen Geist's, so plötzlich hell I . . , 3 . . . „glühend lächelte der neue Stern, Und schien von ungewohntem Roth umwoben . . ," 4 . . . „Lichter, in des Glanzes höchster Macht, Sah ich aus zweien Schimmer-Streifen scheinen, Und rief : 0 Gott, du Schöpfer solcher Pracht I — So thut, besä't mit Sternen, gross' und kleinen, Galassia (die Milchstrasse 1) zwischen Pol und Pol sich kund. Von welcher dies und das die Weisen meinen (1), Wie diese Streifen, bildend auf dem Grund Des rothen Mars das hochgeehrte Zeichen (das Kreuz 1), Gleich vier Quadranten (I), wohlgefügt im Rund (!). Wohl muss die Kunst hier dem Gedächtnis weichen, Denn von dem Kreuz hernieder blitzte Christus ; Wo gäb's ein Bild, ihm würdig zu vergleichen ? Doch wer sein Kreuz nimmt, folgend seinem Christus, Von ihm wird das, was ich verschwieg, verziehn, Denn blitzen sieht auch Er im Glänze Christus. Von Arm zu Arm, vom Fuss zur Höh' erschien Bewegtes Licht, hier hell in Glanz entbrennend, Weil sich's verband, dort beim Vorüberziehn. So sieht man wohl, hier träg bewegt, dort rennend, Atome, hier grad', dort krumm geschweift (I), Und lang und kurz, sich einend und sich trennend. Wirbelnd im Strahl, der durch den Schatten streift. Nach dem, wenn heiss die Sonnengluten flirren. Der Mensch mit Witz und Kunst begierig greift. Und wie harmonisch Laut' und Harfe schwirren, Sind nur die vielen Saiten rein gespannt. Ob auch im Ohr die Töne sich verwirren ; So hört' ich jetzt den Sang vom Kreuz, und stand, Als ob in Lust die Sinne sich verlören ; Obwohl ich von der Hymne nichts verstand. Doch hohen Preis vernahm ich in den Chören, Denn : Du erstehst und siegst I erklang's . . . 5 1 Paradies. 14. Ges. Vs. 19—22, a. a. O. S. 480. 2 Vs. 28-32, dasebst. 3 Parad. 14. Ges. Vs. 70-77. 4 Ebenda, Vs. 86—87. 6 Paradies, Ges. 14. Vs. 94-125, a. a. 0. S. 482-483. Es wird hier also Christi Sieg über den Tod in der Form eines Tanzes aufgefasst, den die Geister der Seligen um das Kreuzzeichen aufführen 1 Und die „Klänge der Harmonien" hört der Dichter vom Kreuze her, es schwirren die Seelen auf und ab im Kreistanze dem Längs­und Querbalken entlang ! Es ist also auch text­lich für bewiesen zu erklären, dass um die Wende des XIII. und XIV. Jahrhunderts der Sieg Christi auf dem Kreuze in der Form eines Tanzes aufgefasst wurde, welchen die Seelen in einem geheimnisvollen Kreise um das Kreuz aufführen. Ja, unser Text beweist auch, dass man im Mittelalter Christi Sieg über den Tod — ganz ähnlich, wie auf der Kreuzdarstellung des Evangeliars der Uta, — als eine Folge von tönenden Harmonien dargestellt hatte, und in dieser Hinsicht werden wir gerade in diesem laufenden Kapitel sehr interessante Angaben zur Geschichte dieses Motivs kennenlernen 1 Dante schreitet nun weiter in die nächste Himmelsregion, in das Reich des weissen Ju­piter. Es ist schon das Reich der gereinigten menschlichen Gefühlswelt, es ist der Planet der Freude und der Gerechtigkeit, welche dem ab­soluten Wertbegriff, der Güte, entquillen. Die ge­rechten Herrscher werden hier durch einen Ad­ler symbolisiert, während im nächsten Plane­tenkreis, in der Region des Saturnus, die stumm Beschaulichen leben. Es sind schon die Seelen, deren höchste Kraft die Intuition, das Hinein­leben in die „göttliche Erkenntnis" sei. Sie erklim­men schon die höchsten Sprossen auf der Dante'schen „Himmelsleiter", denn als solche ist das ganze System der Planetenkreise auch hier zu betrachten 1 Und wenn wir uns die Ge­schehnisse der Paradies-Dichtung von diesem Standpunkte aus betrachten, so unterstützt uns in dieser unserer Ansicht auch der Dichter sel­ber. Denn gerade in der Himmelsregion des Planeten Saturnus, auf der „siebenten Stufe" seiner paradiesischen „Himmelsleiter", erblickt er tatsächlich jene „Leiter", auf welcher die „Seelen der ahnenden Betrachtung und Be­schaulichkeit des Höchtsen" sich von Stufe zu Stufe emporschwingen, und auf welcher ihnen von oben das Ersehnte entgegengebracht wird 1 Hören wir also den Dichter selbst, denn auch das Bild der „Himmelsleiter" verbindet er mit dem Begriff des Tanzes, welchen er die „Pa­radies-Symphonie" nennt : „In dem Krystall, der, um die Welt bewegt. Vom theuren Führer, unter dem entweichen Die Bosheit musste. noch den Namen trägt, Erblickt' ich einer Leiter (!) schimmernd Zeichen. An Farbe gleich dem Gold, durchglänzt vom Strahl, Hoch, dass zur Höh' nicht Menschenblicke reichen. Und auf den Sprossen stieg in solcher Zahl Die Schaar der sel'gen Himmelslichter nieder, Als ström' hier alles Licht mit einem Mal. Und wie, nach ihrer Art, die Kräh'n, wenn wieder Der Tag beginnt, sich rasch bewegend ziehn. Um zu erwärmen ihr erstarrt Gefieder, Und die von dannen ohne Rückkehr fliehn, Die rückwärts fliegen, andre dann, im Bogen Dieselbe Stell' umkreisend (I), dort verziehn :

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