KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

haben also hier ein unwiderlegbares Zeugnis für die Zusammenhänge zwischen der abend­ländischen Kirchen- und Buchmalerei und dem Malerbuch zu Athos 1 Wie diese symbolischen Reiterbilder der „vier Weltreiche", so wurden auch die von mir im ersten Band meiner GTT besprochenen Todes- und Totenmotive des Ma­lerbuchs aus Athos durch byzantinische Ver­mittlung in die mittelalterliche Kunst des Abend­landes verpflanzt 1 Auch im Codex Aureus, in einem Evangelienbuch vom Jahre 870, das durch den Kaiser Arnulf nach St. Emmeram gekommen war, wurden in einem grossen Kreise die „vier Weltreiche" in vier kleineren Kreisen dargestellt, und in dem von den vier kleineren Kreisen in der Mitte des Bildsystems geformten Viereck stand der „vir desideriorum". Dieses Viereck in der Mitte stand mit den Sei­ten jenes grösseren Vierecks, welches durch die paarweise verbundenen Mittelpunkte der vier Kreise zustande kam, in einem Verhält­nisse wie die Dreieck- und Vierecksysteme im Abb. 14. Kreissystem der „vier Reiche" in der Re­gensburger St. Emmeramkirche mit dem „vir desideriorum" in der Mitte. Horoskop und in der schematischen Darstellung der „Planetenhäuser" bei den Arabern. 1 Zwischen dem Dionysiuschor und dem eigentlichen Körper der Kirche, wahrscheinlich auf einem Bogengewölbe, befanden sich zehn Bilder: 1. Maria Geburt: „Semicincia germine florida fructificauit Virgo puerpera dum noua gaudia progenerauit". 2. Christi Darbringung an Gott durch Maria. Es ist eigentlich „Mulier, amicta sole et luna sub pedibus eius". „Virginis vt natum rapiat draco pandit hiatum Excipit ad matrem iuga patris regia prolem". 3. Ein alttestamentliches Bild. Das Mahl Abrahams. Tres venerunt ad Abraham qui immolavit hedum : „Porta patet que clausa manet loca principe gaudent Spesque lides amor immense sunt munia mense". 4. Torcular Christi, ein sehr allgemeines mittelal­terliches und mystisches Bild über Christus in der Kelter : „Solus et illesus calcans torcular Hiesus Pellicani more renouet saluatque cruore". 1 Vgl. Lehmann, a. a. 0. S, 176, Fig. 10 und S. 149, Fig. 8. 5. Christus summus pontifex intrat sancta sanctorum : „Sponte minor matre non sponte minor modo patre Interius veli subit ordine pontificali". 6. Das Bild des Gekreuzigten : „Et deus est et homo pendens que signat ymago Esse deos diuina reos hec prestat imago". 7. Christi Taufe im Jordan : „Cerne deus natus vt homo fit fönte renatus Quem pater in nube testatur spiritus atque". 8. Educcio filiorum Israel per moysen ab egipto : „Sanguis et vnda beat facinus quos inquinat ore Flumine purgauit quos agnus sanguine lauit". 9. Piscacio Saluatoris de leuiathan : „Piscatore deo leuiathan captus ab hämo Reddit aduncatus raptum rapto spoliatus". 10. Suppeditacio mortis Christi eterni pontificis et sacerdotis. Kaifas und Pilatus zu Füssen des Heilands. „Mors hostes triti calcantur sub pede Christi Sordidat hunc vestis togat infula pontificalis". Auf dem neunten Bilde fängt der Heiland den Leviathan mit einem Netz, wie der alt­germanische Gott Thor die Midgardschlange aus dem Meereswasser lockt. Das zehnte Bild ist dann die Darstellung des Sieges Christi über Tod und Teufel, eigentlich nur über Ju­dentum und Heidentum. Merkwürdig, dass auf diesen mittelalterlichen Kirchenfresken die Vi­sion vom apokalyptischen Weibe bald auf die Kirche, bald auf Maria oder auch — wie in Regensburg — auf beide zugleich bezogen wird. Diese Gestalt kommt auch im Hortus delicia­rum der Herrad von Landsberg vor. 2 Meist fliessen künstlerisch die Vorstellungen von Ma­ria und Ecclesia zusammen. Dafür liefert ein Deckenbild das XII. Jhs. in Prüfening einen sicheren Beleg, wo der Titulus auf Maria, die Attribute, u. zw. Fahne und Diskus, auf die Kirche weisen. Es scheint, dass auf den Kreuz­bildern erst Maria mit der Ecclesia identisch wurde, und dass man dann diesem Deutungs­wechsel entsprechend aus Johannes erst eine „Synagoga", später den „Tod" machte. Am neunten Bilde wirft die Gottheit, oberhalb des Kreuzes Christi, die Angel in den Rachen Le­viathans und zieht die Köpfe der Patriarchen und Propheten aus dem Schlund hervor. Nach Endres 3 entstand aus diesem Typus der Bilderreihen die sog. „Armenbibel" Hono­rius Auguslodunensis erklärt über die Bilder in seiner „Gemma animae": 4 „Ob tres autem causas fit pictura : primo quia est laicorum Iit— teratura ; secundo, ut domus tali decore orne­tur ; tertio, ut priorum vita in memóriám revo­cetur" . . . Für das Volk waren nicht die latei­nischen Tituli, sondern die Predigt der natür­lichste Kommentar dieser Bilder ! Auch die To­tentanzfresken wurden zu diesem Zwecke aus­geführt. Nicht die Texte selbst, sondern die Bil­der sollten vom Prediger erklärt werden. Und 2 Engelhardt, Herrad von Landsberg und ihr Werk: Hortus deliciarum. Stuttgart-Tübingen. 1881, S. 54. 3 III. Sp. 275 If. 4 1, 132, Migne, Patr. Lat. 172, Sp. 586 C.

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