KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

— 80 — geschobener Rahmenbildungen, die die Bild­fläche in einzelne selbständige Flächen vier­eckiger oder kreisiger Grundform auflösen. Aber dem Schema des Utaevangeliars ent­sprechend waren auch die Bilder des alten Plafonds der St. Emmeramkirche in Regens­burg in drei grosse Felder eigeteilt, — nur frei­lich in die Verhältnisse der Grösse der Dek­kenmalerei übertragen. Im grossen Rechteck des Plafonds über dem Schiff der Kirche be­fand sich als Hauptdarstellung ein Kreuzbild. Das Kreuzbild war von einem „magnus qua­drangularis circulus", einem „Vierorte", — wie Endres den Ausdruck übersetzt, — umgeben, der seineiseits einen kleineren Kreis einschloss ; dieser kleinere Kreis heisst nach der Wilherin­ger Beschreibung eine „spera, quae est in me­dio corporis crucis". An den Enden der vier Kreuzbalken standen Halbkreise, in den vier Ecken des Rechtecks kleinere Kreise mit.Bil­dern. Alles war also gerade so eigenteilt, wie auf dem Kreuzbilde des Utaevangeliars. 1 Und auch die mystische Deutung der Bilder bewegte sich — wie wir sehen werden, — ausschliess­lich im Rahmen der mittelalterlichen und meist in den romanischen Ländern verbreiteten Zah­lensymbolik des Mittelalters ! Die Bilder der Fresken in St. Emmeram verliefen in drei Zyklen. Der eine Zyklus be­fand sich im Rechteck i ber dem Chor, der zweite im Mittelschiff und der dritte im west­lichen Querschiff. Es entwickelte sich auf den einzelnen Bildern der Bilderreihen eine Gedan­kenfolge von Westen nach Osten, also vom urmenschlich aufgefassten „Totenreich" nach dem Reiche der aufgehenden Sonne, des neu­erweckten Lebens I Der Eintretende konnte vom Westchor beginnend (beim Eingang der Kirche im Nordwesten) und gegen den Chor fotschreitend die Entwicklung der Gedanken des Erklösungswerkes in seinem weltgeschicht­lichen Verlauf wie ein Drama verfolgen. Im Westschiff befand sich die Vorhalle zum Bau der „Ecclesia", die Geschichte der Vorbereitung des Christentums in der heidnischen Vorzeit. Im Schiffe wurde dann die Tatsache der Erlö­sung geschildert und im Chore die Vollendung des Erlösungswerkes, die „curia pacis", das „Himmlische Jerusalem". Im westlichen Querschiff der Regensbur­ger St. Emmeramkirche, d. h. im „Dionysius­chore", wurde vor allem die Vision des Daniel (Dan. cap. 7) von den vier aus dem Meere aufsteigenden symbolischen Tieren dargestellt, — über diese Vision werden wir noch im Zu­sammenhange mit dem Annolied sprechen. Zu­gleich aber wurde daselbst auch die zweite Vision aus dem Buche Daniel 2 von der „my­stischen Bildsäule" bildlich ausgearbeitet. Diese „Bildsäule" besitzt bekanntlich einen Kopf aus Gold, während ihre Brust und die Arme aus 1 S. das hier beigelegte Bild Abb. 14; vgl. Schwai­zenski, Taf. 13, Nr. 30; vgl. Endres a. a. 0. Sp. 210. Silber sind, der Bauch und die Hüften wurdert aus Erz geformt, die Schenkeln aus Eisen und die Füsse aus Eisen und aus Ton. Wie also im Falle des Turmes zu Babel, wurde hier der Begriff der „Himmelsleiter" in menschlicher Gestalt mit den verschiedenen Metallen zum Ausdruck gebracht, welche nicht nur mit den Planeten und Himmelsregionen, sondern auch mit den einzelnen Stufen des „überweltlichen Seelenweges" im Zusammenhange stehen ! Diese Bildsäule, die König Nabuchodonosor im Traume sieht, wird von einem Steine ver­nichtet ; es wird ihr aber der „vir desiderio­rum" gegenübergestellt. Nach der ersten Vision bedeutete das erste Tier das Reich der Chaldäer : „Signatur per leenarn", angedeutet durch eine Löwin, auf welcher Nabuchodonosor reitet : „Signas ecce lea bobilonis magna trophea Sed quid nobilitas quam non vult diua poteslas". Es ist eigentlich die Darstellung der „Nichtig­keit der Macht", wenn sie ohne Gott über die Welt herrscht. Das zweite Reich, dasjenige der Perser und Meder, „Signatur per ursum", angedeutet durch einen Bären, auf welchem Cirus Rex persarum et medorum sitzt. Das entsprechende Distichon sagt : „Ursa rapax el denle minax le persida pugnax Datque medum signisque ierum titulisque superbum". Das dritte vorchristliche, heidnische Reich, das Reich der Griechen, „Signatur per pardum", angedeutet durch einen Panther, wird von dem Reiter des Panthers, von Alexander magnus Macedo regiert : „Dat celer excursus pardi Macedo tibi cursus Et regni laceras grecorum monstrat habenas". Das vierte Reich beschreibt die Hschr. des XV. Jahrhunderts in Wilhering fol. 52b mit die­sen Worten : De quarto Regno videlicet Roma­norum, quod erit vltimum ex quo orietur Reg­num entichristi signatum per bestiám terribilem et mirabilem habenten X. cornua e quorum medio aliud paruum cornu oritur cui insidet Julius primus Rex seu cesar Romanorum : „Bestia bellatrix te Roma notat dominatrix Et cornu grande te rex in fine nephande". In der Mitte zwischen diesen vier Kreis­bildern der „vier heidnischen Reiche" befand sich in einem grösseren Kreis die Darstellung der wunderbaren Menschengestalt, welche aus einer Vermengung der Motive von Daniel 2 und 7 entstanden ist. Nach der Beschreibung : „In maiora rota sive Spera inter Quatuor mi­nores — figura — „vir desideriorum" — mit dem Distichon : Qui regit eterno complectans omnia giro Sceptiis esse quidem dat et omnibus aufferet idem" Es wird allgemein festgestellt, dass diese Bilder den Vorschriften des Malerbuches zu Athos entsprechend ausgeführt wurden.' 2 Wir 2 Vgl. G. Jakob, Die vier reitenden Könige in der Fagade des Regensburger Domes, Zeitschr. f. christl. Kunst. 1900, S. 120.

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