KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

neunten und fünfzehnten Tage nach seinem Absterben erwartete. 1 Und nun kehren wir nochmals zur Über­setzung und zum Kommentar der „Hochzeit der Philologie" zurück, welche uns im I. Band der Gesamtausgabe der „Schriften Notkers und sei­ner Schule" von Paul Piper 2 vorliegt und wel­che von Paul Th. Hoffmann in dem schon öf­ters zitierten Werke über den „Mittelalterlichen Menschen" 8 inhaltlich eingehend besprochen wird. Capeila erzählt uns, dass sich die Götter am Olymp versammeln und dass es beschlossen wird, den Gott Merkur zu verehelichen. Man möge es sich wohl merken, dass es sich also um die Heirat jenes Gottes handelt, der Psycho­pompos ist, der also in der klassisch-antiken Mythologie die Rolle des Totenführers und die des Todes spielt und dessen „Skelettgestalt" nach der Anklage der Feinde des Apulejus heimlich in dem Besitze des Dichters gewesen sein sollte. Es handelt sich um denselben Merkur, der auch bei Lukianos so häufig auftritt und des­sen „Skelettgestalt" nach den von mir im er­sten Band meiner GTT angeführten Angaben derzeit für erwiesen erklärt werden kann. Nach der Darstellung des Martianus Capeila muss Merkur in der Begleitung der personifizierten „Virtus" alle Himmelsregionen durchwandern, alle sechzehn Regionen der Götterwelt, um zu erfahren, wer seine Braut werden sollte. Auf ihrer Wanderung gelangen sie zu Apollo, zum Sonnengott, vor dem vier Gefässe aus Eisen, Silber, Blei und Glas für die vier Jahreszeiten, für Sommer, Lenz, Winter und Herbst stehen. Aus diesen vier Gefässen, deren letztes, das gläserne (für Herbst), die „Brüste der Juno" heisst, mischt der Sonnengott gesunde und Krankheit erzeugende Wetter. Von ihm erfah­ren dann „Virtus" und Merkur, dass die aus­erwählte Braut die „Philologie" sein werde, die Tochter der „Phronesis", der „göttlichen Weis­heit". Man beachte, dass es dieselbe „Phrone­sis" sei, welche in der weiter unten besproche­nen Ekloge des Theodulos den Streit zwischen Alethia und Pseustis entscheidet ! Auch möge man sich später bei der Behandlung der Eve­rymangeschichte (besonders in Metz !) daran erinnern, dass hier der „Götterbote" und „To­desgott" Merkur in der Begleitung der „Virtus" die Weltregionen bereist und dass er die Toch­ter der „Göttlichen Weisheit" heiratet. Nach späteren Darstellungen ist nämlich diese Toch­ter der „göttlichen Weisheit" die „Kirche", „Ecclesia", — und in den späteren Everyman­geschichten begleiten auch „Virtus" und „Eccle­sia" den sterbenden Everyman auf seiner „Him­melsreise", welche er am Fusse des Kreuzes Christi betritt ! 1 Vgl. die Abhandlung von M. Bartels : Was kön­nen die Toten? Zeitschr. d. Verf. Volkskunde X. Jg. 1900. S. 121 ; über diese Auffassung bei den Masuren. - Schriften philosophischen Inhalts. Freiburg i. Br. und Tübingen, Mohr, 1882, S. 687 ff. s S. 216 ff. Im weiteren Verlaufe der Geschichte der „Hochzeit der Philologie" wird es schon Abend, die mit Sternbildern gezierte Nacht steigt auf, als der „Philologie" der Ratschluss der Götter über­mittelt wird. Sie freut sich, aber fragt sich auch zugleich, ob sie ihre irdischen Werte (Dichtkunst u. a.) als die Gattin eines Gottes nicht einbüs­sen müsse. Ich zitiere weiter aus dem Buche Paul Th. Hoffmanns : 4 „So stellt sie ein Buch­stabenorakel an. Aus dem Namen ihres Bräuti­gams und dem ihren zählt sie die Buchstaben -— besser gesagt die Zahlen, die die einzelnen Buchstaben (nach altklassischer Vorstellung) bedeuten — zusammen und sucht daraus mit der Zahlensymbolik zu erfahren, ob ihre Ehe glücklich werde oder nicht". Es handelt sich hier also um dieselbe abergläubische Zahlenspielerei, welche wir schon vom „organiolus" des Oxforder Missales her kennen, und dessen Konstruktion und prakti­sche Anwendung ich schon im ersten Bande meiner GTT S. 163 und 176 im Anschlüsse zu dem Bilde auf Tafel IV. Fig. 3 enträtselt und gelöst hatte. Dort kannte ich „diese Stelle bei Martianus Capella und in der Ubersetzung Not­kers noch nicht. Nun möchte ich das dort Gesagte mit diesen Angaben aus der „Hochzeit der Phi­lologie" Capellas ergänzen. Alles, was ich hier darüber nach Paul Th. Hoffmann weiter mit­teile, unterstützt meine im ersten Band meiner GTT schon klargelegte Ansicht in vollem Masse ! Wie nun die „Philologie" bei ihrem Buch­staben- und Zahlenorakel der Vorschrift des Oxforder Bildes entsprechend verfährt, macht uns Hoffmann in der folgenden Schilderung klar : 5 „Die Summe der Zahlen, die sich aus den Buchstaben für Merkur ergeben, geht auf Drei, die der Philologie auf Vier aus. Drei bedeutet Vollkommenheit", —wie dies schon nach Hoff­mann erklärt wurde, — „denn drei sind Anfang, Mitte und Ende ; drei sind Länge, Breite und Tiefe; Dreiheit ist der Kubus", — mit Bezug auf den „cubus symphonicus" der Kreuzdarstellung im Evangeliar der Uta ! -— „drei der Sympho­nien,, (Konsonanzen) sind damals in der Musik bekannt : Quarte, Quinte, Oktave. Drei ist un­gerade und bedeutet das Männliche, weil, wie Notker kommentiert, der Numerus Drei „stärker ist als gerade und ungespalten, während da­gegen das Gerade den Weibern um ihrer Weich­heit willen zugeschrieben ist" (s. das Zitat auch oben !). Es gibt drei Zeiten : Gegenwart, Ver­gangenheit und Zukunft", — und diese drei ma­chen ja zusammen das „Zeitrad" aus! — Drei ist daher für Merkur, den „Gott der Klugheit", das rechte Symbol. Vier bedeutet ebenfalls Voll­kommenheit. In ihr sind eins, zwei, drei und vier als Einheiten enthalten. Eins-FZwei+Drei-(-Vier aber ergeben die vollkommene Zahl Zehn. Vier sind der Jahreszeiten, der Klimata und der Ele­4 S. 225 ff. 5 S. 225-226.

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