KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
- 73 — mente. Vier sind nach Pythagoras der Wissenschaften : Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie. Vier spielt in der Musik eine besondere Rolle. Restlos glücklich aber ist Philologie, als die Vereinigung der beiden Charakterzahlen „Sieben" ergibt! Die Zahl bedeutet Erfüllung der himmlischen Ordnung. Sieben besteht überhaupt aus drei und vier, als aus Gerade und Ungerade. Sieben planetarische Ringe sind bekannt. Im siebenten Monat wird das Kind im Mutterleibe lebendig". „Das Ergebnis der Zahlenspekulation bestätigt der Philologie ihren Entschluss, zu einer Verehelichung mit Merkur Ja zu sagen ; „Die Zahl trügt nicht", fügt Notker bei. Aus dem Froste Saturns bereitet sie sich eine Salbe, die sie gegen die Hitze der Himmelsfeuer schützen soll. Sie notiert sich Zaubersprüche aus Kolchis, um gegen die Nähe der Götter gefeit zu sein. Sie bestreicht sich mit einer weiteren Salbe, die aus Tau, im Neumond gelesen, gewonnen wurde : Hexen- und Küchenzettelromantik 1" Es erscheint dann Periergia, die Altersgenossin der Philologie, weiter kommt auch die Mutter Phronesis herbei, um der Tochter ein Golddiadem aufs Haupt zu setzen, mit einer talismanartigen Palladium-Gemme. Sie übergibt ihr auch ihr Brustband, die „Liebe" ... Es erscheinen auch die Musen, da es wieder Morgen wird. Auch die vier Tugenden, — darunter wieder eine Phronesis, weil Martianus Capella in diesem Durcheinander, das er spielend geschaffen hatte, die „Mutter" der Philologie schon vergessen hatte. Es erscheint auch das „himmlische Bett", in welchem Philologie unter der Führung der Athanasia, der „Unsterblichkeit", in den Himmel fahren soll. Pompös, aber nicht sehr gustiös ist diese Szene mit der Athanasia ! Denn sie bewirkt, dass die Philologie aus ihrem Busen den grossen Klumpen alter Bücher, Papyrusrollen und Pergamentdokumente erbrechen möge, um das Erbrochene von den Musen aufsammeln und in ägyptischen Höhlen aufbewahren zu lassen. So entledigt sich also die neue Braut alles Irdischen, um „göttlich" werden zu können ! Athanasia zeigt ihr nun ein strahlendrotes Ei, das in seiner durchsichtigen Schichtung die Schichten des Kosmos symbolisiert. Philologie wird nun durch dieses Ei von Kräften der Unsterblichkeit durchdrungen. Das Ei bedeutet ja auch nach dem primitiven Volksglauben und auch nach dem altgermanischen Glauben die Lebenskraft und die Erneuerung des Lebens. Merkwürdig, dass hier das Weltall ebenso die Form eines Eis hat, wie bei Piaton. Nun beginnt Philologie ihre himmlische Reise. Zunächst steigt sie in den Himmel der Göttermutter Juno ! Diese würde nach altgermanischen Begriffen der „Ahnfrau" entsprechen 1 Dann geht die Reise weiter über die Planetensphären . . . Ich zitiere weiter nach Hoffmann„Die 1 S. 229. Fahrt, die Juno mit Philologie antritt, geht vom obersten Himmel hinab zur Erde und zum Reich Plutos, und von da wieder aufwärts zum Empyreum Jupiters". — Die Philologie durchwandert also das Weltall in der Form des Kreislaufes des Universums ! — „Während der Fahrt in die Tiefe erfährt Philologie, wer in den einzelnen Himmelsschichten wohnt". — Die Reise der Philologie erinnert uns also schon im vorhinein an die Reise Dantes in der „Divina Commedia"! — Vom Himmel bis zur Sonne treffen sie die feurigen, vollkommen sorglosen Götter ; von der Sonne zum Mond die Götter der zweiten Seligkeit. Hier leben die sündlosen Seelen nach dem Tode. (Man vergleiche dazu Dantes Himmelsbevölkerung : beginnend bei den pflanzenhaft seligen Bewohnern der silbernen Mondsphäre, sich hinansteigernd zur glühenden Seligkeit in der Himmelsrose). Sie gleiten weiter abwärts in die Spären, die vom Mond bis zur mittleren Luft reichen. Hier wohnen die Halbgötter „voll himmlischen Sinn und reinem Mut" (Herkules, Sibyllen u. ä.). Von der mittleren Luft bis hinab zur Erde aber finden sie die Heroen und die Manen, die guten Geister (lares) und die bösen Gespenster (larvae). Hier ist Plutos und Proserpinas finsteres Reich mit dem Höllenfluss. Die Erde selbst aber bevölkern Erdgottheiten wie Pane, Faune, Satyrn". „Die Fahrt geht weiter aufwärts. Bisher galt sie der Schau der Geistersphären im grossen, jetzt gilt sie den einzelnen Planeten. Luna erscheint als gewaltige, in sich die Sonnenstrahlen spiegelnde Kugel und hat besondere Gesichter und Zeichen, die ihre Ab- und Zunahme verkünden". — Sie ist also auch hier ein „Lebensrad"! — „Im Gebiet Merkurs treten auf Facundia und Themis. Themis trägt Ähren in der einen Hand, in der andern eine Tafel, auf der ein Ibis mit den Attributen Merkurs abgebildet ist : schöner Mund, Flügelschuhe". — Merkurs Eigenschaft als „Seelengottheit" wird also auch hier durch eine „Vogelmaske", durch die Gestalt des „Ibis-Vogels" und durch die „Flügelschuche" zum Ausdruck gebracht 1 — „Der Ibis berührt eine zweihäuptige Schlange. Das bedeutet nach Notker: „Der Storch (Ibis) straft die Schlangen ; also tut es der Redner mit den Schuldigen beim Gericht. Er hat schönen Anfang bei seiner Rede ; er bringt sie aber zu zwei Schlangen, weil er damit beides tut : er verurteilt und spricht frei." „Venus erstrahlt in voller Schönheit, ringt aber mit dem Dämon unkeuscher Liebe. Im Reiche des Sonnengottes Sol gewahren die Fahrenden ein Schiff (vgl. die Schiffe mit der Sonnenscheibe auf den uralten Höhlenzeichnungen in Fossum-Tanum und in Lökeberget 1), das voll aller Güter ist, die man sich nur wünschen kann, voll seliger Geister und voll Feuer. Das Schiff führt die Bilder des Löwen und des Krokodils, weil durch diese Sternbilder die Sonne ihre Bahnen zieht. In dem Schiff entspringt ein Brunnen himmlischen Lichtes, „denn alle Sterne haben von der Sonne Licht". Philologie betet zu Sol,