KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
- 36 Edda wusste noch etwas darüber, dass diese „göttlichen Personen" die Offenbarungen ein und desselben Gottes sind, dessen jugendliche Schöpferkraft unbesiegbar ist. Es steht Thors Kampf im Zusammenhange mit der Midgardschlange, — nach anderweitigen Analogien aus der vergleichenden Geschichte verschiedener Religionen ist dieses Riesentier, das sich um die ganze Erde schlingt, dieser „Leviathan", eigentlich die „Milchstrasse" selbst, welche dann mit dem überirdischen „Seelenweg" identifiziert wird, und auf welcher die einzelnen Uberweltstore von den verschiedensten „Unholden" und „Ungeheuern" gehütet werden, die der Seele auf ihrem Jenseitswege Hindernisse stellen, — nachdem sich also Thors Kampf mit derartigen kosmischen und elementaren Erscheinungen verbindet, und er im „Alter" auch den „Tod" besiegt, darf auch in dem Bilde des „konischen Kegels" nach derartigen kosmischen Umdeutungen geforscht werden. Attribut des Fruchtbarkeitsgottes und zugleich auch die „Weltesche", den „Weltenbaum", die „Weltachse" vertreten ! Und auf derselben Felszeichnung, gleich neben diesen „Fruchtbarkeitsschiffen", die den „Maibaum" oder die „Weltesche" und auch das Sonnenrad in einer Prozession umherführen, erscheint auch ein „Reihentanz". Warum? Das werden wir gleich sehen ! Vor allem möchte ich nur darauf aufmerksam machen, dass nach der Erzählung der Jüngeren Edda die Hauptstätte und das Heiligtum der Götter bei der Esche Yggdrasil zu suchen sei, — und nicht umsonst steht dieser Name der Weltesche mit dem urgermanischen Sippennamen und Götternamen „Ing" in Verbindung ! Die Esche hat nach der Jüngeren Edda 2 drei Wurzeln. Unter der einen Wurzel befindet sich das Reich der Asen, unter der zweiten Wurzel das Reifriesenland und unter der dritten Wurzel liegt das Nebelheim. Unter jener Wurzel, welche zu den Reifriesen hinAbb. 5. Fussspruren, Sonnenrad, Jagdszenen, Boote, Kampf der göttlichen Zwillinge auf der Felszeichnung aus Fossum, Tanum (1500—500 vor Chr.).' Die primitiven Religionen verehren einen Menhir, d. h. ein hohes, spitziges Felsstück, einen hohen „Hünenstein", einen Felsblock, weil sie meinen, dass er bis zum Himmelsgewölbe emporreicht und eigentlich als Achse des sich immer drehenden Weltalls dient. Dasselbe glaubten aber auch die Germanen über die höchsten Bäume des Waldes. Bonifatius Hess im Hain zu Geismar in Hessen deswegen die Donareiche fällen, weil man in dem hohen und starken Baume ein Verbindungsglied zwischen Himmel und Erde, also eine „Weltachse" sehen wollte und ihn mit demselben Kult umgab, wie das primitive Volk der Bretagne die Menhire. Deswegen stehen auf den Felszeichnungen, wie in Lökeberget Bohuslän, hohe Bäume und Sonnenräder auf den Schiffen? da die kegelförmigen Bäume hier neben dem Sonnenrade eigentlich schon den „konischen Kegel", das 1 vgl. Fr. v. d. Leyen, a. a. 0. Tafel V. Nr. 11. über liegt, befindet sich der Mimirbrunnen, „in dem Scharfsinn und Verstand verborgen sind". Also diese „Wurzel des Weltbaums" ist die „Gottheit der Vernunft", der „Speergott"! Und wirklich lesen wir auch gleich hier in der Jüngeren Edda, dass Odin ein Auge dem weisen Alben lassen musste, um aus dem Weisheitsbrunnen schöpfen zu dürfen. 4 Am Fusse der Esche steht beim „Urdbrunnen" ein Saalbau, aus diesem kommen die „drei Mädchen", d. h. die drei Nomen, Urd, Werdandi und Skuld ihrem Namen nach, die den Menschen das Leben und ihre Schicksale bescheren. Hier haben wir also im Weltenbaum eigentlich das Bild der allumfassenden göttlichen Macht. Die höchste Macht, „Mana", bei 2 Vgl. die erwähnte Ausg. der Jüng. Edda, a. a. 0. S. 62-67; Kap. 15—18. 8 Vgl. Fr. v. d. Leyen, a. a. 0. S. 44, Taf. IV. 10. 4 Wöluspa, Gesang der Seherin, Edda II. Götterdichtung, Thüle 2, S. 38.